(ots) - Wer den internen Dienstbetrieb bei der
Bundeswehr kennt, der weiß, dass sich Soldaten nur in wirklich
ernsten Fällen und nach reiflichem Nachdenken mit ihren Sorgen und
Nöten an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages wenden. Vor
diesem Hintergrund gewinnt der gestern vorgelegte Jahresbericht von
Hellmut Königshaus eine besondere Dramatik. Er beklagt völlig zu
Recht, dass die Dienst- und Einsatzbelastung der Soldaten vielfach
die Grenzen der Belastbarkeit erreicht und teilweise überschritten
hat. Und er kritisiert, dass die Armee von Reform zu Reform
gepeitscht wird und kaum die Chance hat, Atem zu schöpfen und zur
Ruhe zu kommen. Für einen Wehrbeauftragten, der durchaus diplomatisch
sein muss, sind diese Worte ungewöhnlich deutlich - die wahre Lage in
der Truppe beschönigen sie aber noch. Auf die schlechte Stimmung in
den Streitkräften, auf mangelhafte Ausrüstung und Ausbildung, auf
Defizite bei der inneren Führung oder auf zunehmende Mängel bei der
Vereinbarkeit von Dienst und Familie haben Königshaus und seine
Vorgänger im Amt des Wehrbeauftragten seit Jahren hingewiesen. Nur
passiert ist wenig. Die gröbsten Missstände beim Schutz der Soldaten
in Auslandsverwendungen wurden abgestellt, auch brauchen die Männer
und Frauen der Bundeswehr ihre Sonnenbrillen nicht mehr beim Aldi
kaufen, weil sie auf dem Dienstweg nicht in der erforderlichen
Qualität zur Verfügung standen. Aber dass die Ressourcen für
internationale Einsätze bei einer immer kleiner und schlanker
werdenden Armee erschöpft sind, darauf hat die Politik noch nicht in
ausreichender Weise reagiert. Auch die Generalität bastelt
unverdrossen an Strukturreformen und Standortkonzepten, was zu
Unsicherheiten, vermehrter Pendelei und zu Frust in der Firma führt,
die eigentlich Sicherheit und nicht immer neue Belastungen für die
Beschäftigten produzieren sollte. Welch geringen Stellenwert die in
Sonntagsreden so hoch gelobte Bundeswehr in den Augen der politischen
Führung hat, zeigen jüngste Meldungen, wonach Verteidigungsminister
Thomas de Maizière im Bundeshaushalt 2014 mit den größten Sparbeitrag
leisten soll. Wenn weitere Milliarden fehlen, wird es mit der oft
beklagten Attraktivität der deutschen Streitkräfte weiter rapide
bergab gehen. Schon jetzt steigt fast ein Drittel der Freiwilligen,
die nach dem Ende der Wehrpflicht ihren Dienst bei der Bundeswehr
angetreten haben, nach kurzer Zeit wieder aus. Ohne solide Bezahlung,
ohne passende Angebote für junge Familien und ohne berufliche
Perspektiven in einer modernen Armee wird es auf absehbare Zeit zu
deutlichen Personalengpässen kommen. Wenn die deutsche Politik an
ihrem sicherheitspolitischen Engagement an internationalen
Krisenschauplätzen festhalten und nicht nur in peinlich-kraftloser
Entschlossenheit einige Kampfstiefel und 100 Splitterschutzwesten
nach Mali entsenden will, dann muss sie auch in Zukunft dafür sorgen,
dass die Bundeswehr ihre Aufgaben solide erfüllen kann. Dazu gehört
nicht nur eine moderne und dann eben auch entsprechend teure
Ausrüstung, sondern auch ein ausreichendes, motiviertes und
ausgezeichnet ausgebildetes Personal, das nicht aus Mangel an
Ressourcen von Einsatz zu Einsatz hetzen muss. Königshaus hat in
seinem Wehrbericht die Defizite überdeutlich angesprochen - nach der
bisherigen Erfahrung darf man aber getrost davon ausgehen, dass sein
Bericht für das Jahr 2013, sollte er dann noch im Amt sein, ähnlich
bitter ausfallen wird. Dass der Truppe mehr Aufmerksamkeit und
Fürsorge zu Teil werden wird, ist nicht erkennbar. Eher das
Gegenteil. Autor: Fritz Winter
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