(firmenpresse) - Ausgangslage
Geschlossene Fonds sind fast durchweg in der Form einer Kommanditgesellschaft organisiert. Um den Aufwand sowohl für die Geschäftsführung wie auch den Anleger möglichst gering zu halten, wird eine Treuhänderin dazwischen geschaltet, die für die zahlreichen Anleger (deshalb auch "Publikumsgesellschaft") die Anteile hält, die Stimmrechte ausübt und für sie im Handelsregister eingetragen ist. Teilweise sehen die Konzeptionen nicht einmal mehr vor, dass Anleger sich ohne Treuhänderbeteiligung unmittelbar als im Handelsregister eingetragene Kommanditisten (sog. Direktkommanditisten) beteiligen können. Schon aus steuerlichen Gründen sind beide Formen der Beteiligung fast durchweg eine Gleichstellung in den Rechten und Pflichten vor.
Ist ein Anleger als Direktkommanditist im Handelsregister eingetragen, sind die Daten frei zugänglich. Es stellt heutzutage keine übertriebene Leistung mehr dar, zu einem Namen eine ggf. geänderte Adresse herauszufinden.
In praktisch allen Gesellschaftsverträgen von Fondsgesellschaften ist vorgesehen, dass bestimmte Mitwirkungsrechte nur ausgeübt werden können, wenn sich eine Mindestanzahl von Gesellschaftern (sog. Quorum) findet, die dasselbe Interesse haben und unterstützen. Wenn jedoch immer weniger Mitgesellschafter anonym bleiben, fällt es schwer, solche Anforderungen zu erfüllen. Eine effektive Kontrolle der Geschäftsführung wird dadurch zumindest erschwert.
Die Entscheidungen
Mit zwei Urteilen vom 5. Februar hat der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) nunmehr über eine offene Frage entschieden, die bisher nicht höchstrichterlich geklärt war: können Anleger einer Publikumsgesellschaft verlangen, dass ihnen die Adressen der übrigen Treuhandgesellschafter mitgeteilt werden? Die Fondsgesellschaften bzw. die Treuhandkommanditistinnen haben die Herausgabe bisher verweigert, weil sie sich auf ein schützenswertes Interesse der anderen Treugeber an ihrer Anonymität beriefen. Teilweise waren hierzu auch eigens die Gesellschaftsverträge der Fondsgesellschaften nachträglich geändert worden. Der BGH hat nunmehr die vom Oberlandesgericht München vertretene Auffassung bestätigt, dass die Anleger, die über eine Treuhandkommanditistin an einer Fondsgesellschaft beteiligt sind, die Preisgabe ihrer Identität gegenüber anderen Gesellschaftern nicht verhindern können, und zwar weder durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag noch durch Einzelanweisung an die Treuhandkommanditistin. Zur Entscheidung standen auch zwei weitere Revisionen an, die jedoch zurückgenommen wurden.
Was sind die Konsequenzen?
Die Auswirkungen dieser Rechtsprechung sind grundsätzlich positiv. Durch den Zugang zu den Adressdaten von Mitgesellschaftern wird den Anlegern eine effektive Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte ermöglicht. Damit ist auch künftig besser realisierbar, Tagesordnungen von Gesellschafterversammlungen ergänzen zu lassen oder Präsenzveranstaltungen, die von den Fonds oft durch schriftliche Abstimmungen umgangen werden, zu erzwingen.
Allerdings ist zu befürchten, dass noch mehr Anleger als bisher künftig Post von dritter Seite erhalten werden. Schon bisher haben sog. Aufkäufer von Fondsbeteiligungen, Anlegerschutzvereine aber auch Anlegeranwälte Anleger unverlangt angeschrieben. Oft genug blieb dabei im Dunkeln, was mit irgendwelchen Interessengemeinschaften oder ähnlichem wirklich gewollt ist. Auch Fragen nach Informationen aus Beratungsgesprächen stellten sich nicht als besonders sinnvoll dar, sondern legten oft genug den Verdacht nahe, dass um Mandate geworben wird. Nach Auffassung von Nittel | Kanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht besteht damit auch die Gefahr, dass systematisch für Verunsicherung gesorgt wird. Das ist weder für Anleger wünschenswert, die sich bereits in anwaltlicher Beratung befinden, noch für solche, die sich noch nicht darüber im Klaren sind, ob und ggf. welche Ansprüche sie haben. Anwalt Minderjahn meint: "Aus anwaltlicher Sicht sind die diese Massenrundschreiben störend, weil sie zu vermehrten Nachfragen der Mandanten und damit unnötiger Mehrbelastung führen. Auch durch gute Kommunikation lässt sich das nicht verhindern, weil die Anleger verständlicherweise verunsichert bleiben. Eine gute Kanzlei wird damit fertig, weil die meisten Aspekte bereits in der Beratung aufgetaucht sind."
Die Anlegeranwälte von Nittel warnen aber nach wie vor davor, unverlangten Schreiben so einfach nachzugehen. Seriöse Anwälte zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen Antrag vorlegen, für den sie eine Mindestanzahl von Stimmen benötigen. Im Übrigen sollten Anleger sich stets den Anwalt ihres Vertrauens selbst aussuchen und sich nicht etwa von Anlegerschutzvereinen deren Vertrauensanwalt vorschreiben lassen. "Um Vertrauen kann ich zwar werben" meint Minderjahn, "aber herstellen muss ich das als Anwalt durch Taten, nicht durch Rundschreiben. Viele Schreiben sind und bleiben nach meiner Auffassung schlicht Werbung."
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