(ots) - Die positive Nachricht für Italien und die EU:
Silvio Berlusconi hat die Parlamentswahl in Italien nicht gewonnen.
Die schlechte Nachricht lautet, der Medienunternehmer aus Mailand hat
sie auch nicht verloren. Nach ersten Ergebnissen zeichnet sich das
schlechteste aller Szenarien für Italien ab, eine Patt-Situation. Der
viermalige Ministerpräsident Berlusconi hat damit sein Ziel erreicht,
nämlich die Unregierbarkeit des Landes. Nach einer furiosen
Aufholjagd im Wahlkampf hofft er, erneut die Weichen in der Politik
und für ihn günstige Bedingungen stellen zu können. Im
Abgeordnetenhaus ist das Mitte-Links-Bündnis des Partito Democratico
(PD) unter Pier Luigi Bersani stärkste Partei und bekommt nach
geltendem Wahlrecht deshalb einen satten Mehrheitsbonus von etwa 55
Prozent der Abgeordneten. In der zweiten Kammer, dem Senat, herrscht
das umgekehrte Bild. Dort ist das Bündnis aus Berlusconis Popolo
della Libertà (PdL) zusammen mit der Lega Nord Sieger und vereinigt
die meisten Stimmen auf sich. Das heißt, beide politischen Lager
blockieren sich gegenseitig. Eine rasche Regierungsbildung und die
Fortsetzung des Reformkurses sind damit vorerst unmöglich. Um die
politische Blockade und damit Neuwahlen zu vermeiden, müssen Pier
Luigi Bersani und der PD nun über den Tellerrand hinausgucken.
Italien hat die Fortsetzung des unter der Regierung von Mario Monti
eingeschlagenen Sparkurses sowie die Fortführung struktureller
Reformen auf den Gebieten Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Justiz
dringend nötig. Nur wenn Bersani das Kunststück gelingt, alle in
Opposition zu Berlusconi stehenden Kräfte zu einigen, kann Italien
möglicherweise der politischen Bewegungslosigkeit entkommen. Konkret
würde das aber eine Koalition zahlreicher heterogener Gruppierungen
bedeuten. Bereits 2008 ging dieses Experiment unter Romano Prodi
schief. Doch eine Koalition von PD, der mit dem PD verbündeten
Linkspartei Sinistra e Libertà , Mario Montis Scelta Civica sowie des
Movimento 5 Stelle des Komikers Beppe Grillo ist aus zwei Gründen
unwahrscheinlich. Erstens war bis gestern Abend nicht sicher, dass
diese Gruppen zusammen das Berlusconi-Lager im Senat überhaupt
zahlenmäßig übertreffen können. Die Sitze der Senatoren werden Region
für Region nach einem komplizierten Mehrheits-System verteilt.
Zweitens ist die kurze Dauer eines Bündnisses der heterogenen Allianz
beinahe eine Sicherheit. So bleibt Italien scheinbar nur die Rückkehr
an die Wahlurnen. Neben Berlusconis unzweifelhaftem Erfolg stechen
zudem zwei miteinander zusammenhängende Daten ins Auge. Das schwache
Abschneiden Mario Montis und der Boom des Movimento 5 Stelle des
Komikers Beppe Grillo. Monti, der in der EU als Retter Italiens
gefeiert wird, bezahlte teuer, dass er sich mit bei den Italienern
unbeliebten Politikern des konservativen Zentrums, Pier Ferdinando
Casini und Gianfranco Fini verbündete. Vom Misserfolg der alten Garde
der italienischen Politik profitierte vor allem Grillos Bewegung. Bei
ihm bündelten sich die Stimmen der Unzufriedenen. Ob Italien von
dieser Konstellation profitieren kann, ist derzeit eher zu
bezweifeln. Auto: Julius Müller-Meiningen
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