(ots) - Im Vorfeld der Bundestagswahl stellt die
Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) die F&I-Politik der
Bundesregierung auf den Prüfstand. Sie bescheinigt der Politik
wichtige Erfolge, die ihr international hohe Beachtung verschaffen.
Gleichzeitig warnt sie aber vor "zu großer Selbstzufriedenheit":
wichtige Problemfelder seien unbearbeitet geblieben und zentrale
Reformvorhaben gescheitert. Die Regierungsberater fordern endlich ein
Ende des Kooperationsverbotes, politische Konzepte für die Zeit nach
der Exzellenzinitiative und mehr Frauen an den Spitzen von Wirtschaft
und Wissenschaft.
Die Experten loben den deutlichen Anstieg der Ausgaben für
Forschung und Entwicklung. Hier habe Deutschland mit 2,9 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts zuletzt zu den USA aufgeschlossen und seine
Position im internationalen Wettbewerb "erheblich verbessert". Neue
Förderinstrumente wie der Spitzencluster-Wettbewerb oder die
Exzellenzinitiative hätten den Wettbewerb zwischen Regionen und
zwischen Hochschulen gestärkt, die außeruniversitäre
Forschungsförderung sei deutlich ausgebaut worden. Die
Hightech-Strategie und die verstärkte Koordination der wesentlichen
Akteure in der Forschungsunion seien international anerkannt, heißt
es in dem Gutachten.
Die EFI kritisiert, dass die im Koalitionsvertrag angekündigte
Einführung einer steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung
in Unternehmen immer noch nicht erfolgt ist: "Zur Umsetzung dieser
Maßnahme scheint der politische Wille zu fehlen." Auch die Reform des
deutschen Bildungssystems komme nur mühsam voran. Dass Deutschland
etwa im Grundschulbereich im internationalen Vergleich nur im oberen
Mittelfeld liege, werde den weiteren Ausbau als Innovationsstandort
gefährden. Schließlich habe es auch für die Wagniskapitalfinanzierung
keinen Durchbruch gegeben. Notwendige Reformen seien in einigen
Ressorts blockiert worden: "Ein Primat der Politik scheint es in
diesem Bereich nicht zu geben", bemängelt die EFI.
Die Experten fordern, den Artikel 91b des Grundgesetzes für den
Bereich Forschung neu zu fassen, damit der Bund die Länder finanziell
unterstützen kann. Mehr noch als der Forschungsbereich sei aber die
Bildung die "Achillesferse" des F&I-Systems. Die EFI begrüßt
ausdrücklich den föderalen Wettbewerb im Bildungssystem. Dieser dürfe
aber nicht dazu führen, dass regionale Unterschiede in den
Bildungsergebnissen aufgrund finanzieller Engpässe auf Dauer
zementiert werden. Der Bund solle daher wieder in die Lage versetzt
werden, an der Finanzierung von Bildungsmaßnahmen mitzuwirken. Zudem
müsse im föderalen Wettbewerb die Vergleichbarkeit von
Bildungsergebnissen gewährleistet werden.
Die EFI fordert dringend politische Konzepte ein, wie Hochschulen
nach dem Auslaufen der Exzellenzinitiative unterstützt werden können.
Zudem muss die internationale Sichtbarkeit herausragender deutscher
Forschungsuniversitäten weiter verbessert werden.
Deutschland leistet sich nach Ansicht der EFI immer noch eine
mangelhafte Ausnutzung des Potenzials von Frauen in allen Bereichen
von Forschung und Innovation. Hier sind Politik, Unternehmen,
Verbände und Forschungseinrichtungen gleichermaßen aufgerufen, an
Lösungen mitzuwirken. Insbesondere in den Ingenieurwissenschaften
müsse eine stärkere Beteiligung von Frauen im Studium, im
Erwerbsleben und gerade auch bei der Besetzung von Professuren
sichergestellt werden. Die Expertenkommission hält letztlich auch die
Einführung von Quoten für Führungspositionen im Wissenschafts- und
Wirtschaftssystem für angemessen, um Veränderungen hin zu einer
verbesserten Gleichstellung zu beschleunigen.
Die EFI fordert weiter,
- ehrgeizige FuE- und Bildungsziele für das Jahr 2020 zu setzen:
3,5 Prozent des BIP für Forschung und 8 Prozent für Bildung,
- die Finanzierungsschlüssel für die außeruniversitäre Forschung
zu vereinheitlichen,
- das Wissenschaftsfreiheitsgesetz auf die Hochschulen
auszuweiten,
- das Patent- und Urheberrechtssystem weiter zu modernisieren,
- die Koordination von Klima-, Energie- und Innovationspolitik zu
verbessern und
- die Zuwanderung von hochqualifizierten Ausländern zu
erleichtern.
Das komplette EFI-Jahresgutachten ist online abrufbar unter:
http://www.e-fi.de/
Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) leistet
wissenschaftliche Politikberatung für die Bundesregierung und legt
regelmäßig Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer
Leistungsfähigkeit Deutschlands vor. Wesentliche Aufgabe der EFI ist
es dabei, die Stärken und Schwächen des deutschen Innovationssystems
im internationalen und zeitlichen Vergleich zu analysieren und die
Perspektiven des Forschungs- und Innovationsstandorts Deutschland zu
bewerten. Auf dieser Basis entwickelt die EFI Vorschläge für die
nationale Forschungs- und Innovationspolitik.
Pressekontakt:
Moritz Kralemann
Pressesprecher
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft
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