(ots) - Das war knapp: Buchstäblich in allerletzter
Minute haben sich die EU-Spitzen mit Zypern auf einen neuen
Rettungsplan geeinigt. Während an den Märkten aufgeatmet wird, zeigt
man sich auch in Brüssel erleichtert. Eine Pleite der Insel sowie der
Austritt aus dem Euro konnte verhindert werden. Doch große
Gefühlsausbrüche sind sicherlich fehl am Platz. Heute hüh, morgen
hott: Die vergangene Woche war für den Euro eine Katastrophe. Das
Vertrauen in die Gemeinschaftswährung hat durch das Rettungsdesaster
einen großen Kratzer abbekommen. Die Eurozone bleibt erst einmal
intakt, Zypern wird von den Partnern nicht alleingelassen. Das ist
wohl die wichtigste Nachricht, die in den frühen Montagmorgenstunden
aus Brüssel kam. Dafür muss Zypern einen hohen Preis bezahlen, dem
Land stehen schwierige Zeiten bevor. Bang blickt man in Nikosia jetzt
nach Griechenland, wo die Wirtschaftsleistung seit der Flucht unter
den Rettungsschirm um ein Vielfaches geschrumpft ist. Der Insel droht
nun ähnliches. Denn nach dem Einsatz der EU-Retter wird auf Zypern
nichts mehr so sein wie früher. Der völlig überdimensionierte
Bankensektor, dessen Bilanzvolumen ein Siebenfaches der nationalen
Wirtschaftsleistung beträgt, wird eingedampft. Zu Recht, schließlich
ist die Branche für den Kollaps des zyprischen Staates
verantwortlich. Dass zur Sanierung nun die Einlagen der Großkunden
herangezogen werden, ist mehr als fair. Aber damit muss sich die
Insel ein neues Geschäfts- und Überlebensmodell einfallen lassen.
Nicht nur Zypern muss für die Rettung einen hohen Preis bezahlen,
sondern auch der Euro. Denn die tagelange Hängepartie zur Beteiligung
der Anleger hat die Gemeinschaftswährung schwer beschädigt. Nicht nur
an den Märkten war das in der vergangenen Woche zu spüren. Die
Kapriolen an den Börsen haben übrigens ganz nebenbei den Beweis für
Zyperns Systemrelevanz geliefert. Bundesfinanzminister Wolfgang
Schäuble hatte lange daran gezweifelt. Auch bei vielen von Europas
Sparern ist das Vertrauen in den Euro dank des Rettungsdesasters erst
einmal dahin. Schließlich hatten die Finanzminister bei ihrem ersten
Paket für Zypern keine Scheu davor, auch Kleinanleger zu belasten.
Die in der EU geltende staatliche Einlagensicherung war mal eben
ausgehebelt worden. Auch wenn die Zwangsenteignung von den Ministern
flugs in eine einmalige Abgabe umdeklariert worden war, änderte dies
nichts an der Tatsache des verloren gegangenen Vertrauens. Sparer,
die ihr Geld in Krisenländern liegen haben, sollten sich nun
ernsthaft nach anderen Anlagemöglichkeiten umsehen. Die
uneingeschränkte Sicherheit, dass die Guthaben geschützt sind, gibt
es seit Zypern nicht mehr. Selbst deutsche Sparer bangen nun um ihr
hierzulande angelegtes Geld. Um so ärgerlicher ist es, dass die
zyprische Regierung die jetzige Lösung, nach der Vermögen über 100
000 Euro zur Sanierung herangezogen werden, beim ersten Treffen der
Eurogruppe vor einer Woche noch abgelehnt hat. Die Insel wollte ihre
Großanleger aus Russland und Großbritannien schonen und nahm
stattdessen in Kauf, dass Kleinsparer zur Kasse gebeten werden
sollten. Dass es ihr eigener Präsident war, der ihnen ans
Portemonnaie wollte, ist bis Nikosia aber noch nicht durchgedrungen.
Dort schimpfen die Menschen lieber auf Brüssel und Kanzlerin Angela
Merkel. Die Eurogruppe hätte diese Hängepartie niemals zulassen
dürfen. Es war unverantwortlich und auch naiv zu glauben, dass die
zyprische Regierung diesen Hasardeur-Plan durchs Parlament bekommen
würde. Die EU wird ebenfalls noch lange an der Episode zu knabbern
haben. Die Kluft zwischen den reichen Nordländern und den ärmeren
Südstaaten ist durch das Rettungsdesaster noch ein Stück größer
geworden. Autorin: Hanna Vauchelle
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