(ots) - Spionenfurcht gehört zu Russland wie Wodka,
Väterchen Frost und die Ruppigkeit der Miliz. Seit mehreren Tagen
werden die Büros westlicher Stiftungen in Moskau und St. Petersburg
durchsucht, Computer auf ihr Software geprüft und Akten durchstöbert
- einfach mal so. Heute erwischt es die SPD-nahe Friedrich Ebert
Stiftung, die CDU-nahe Konrad Adenauer Stiftung und Amnesty
International. Gestern waren andere dran, und morgen kann es wieder
andere treffen. Die Behörden sind groß im Verdachtschöpfen und darin,
die westlichen Organisationen einzuschüchtern. Die Arbeit der
Stiftungen, so versichern unterdessen deren Sprecher in der Hoffnung
auf Milde der Behörden, werde nicht behindert - so als ob Aufregung
und Durcheinander einer Hausdurchsuchung ernster Arbeit förderlich
wären. Was immer bleibt, sind Unruhe, Einschüchterung und die Ahnung,
dass es auch noch schlimmer kommen kann. Gründe, genauer gesagt
Vorwände für hartes Eingreifen lassen sich immer finden. Wozu
schließlich gibt es Staatsanwälte? Solche Aktionen schiebt die
Obrigkeit, nicht nur in Russland, gern untergeordneten Behörden in
die Schuhe, die angeblich die große Politik nicht verstehen und
übereifrig bei der Sache sind. Dabei ist es gerade das von oben
geförderte Klima des Misstrauens, das alles erlaubt und das kaum
Grenzen kennt. Die Russen, speziell die im Kreml, sind erbittert über
die moralischen Vorhaltungen, die aus dem Westen kommen, und die auch
in der Arbeit der Stiftungen indirekt Ausdruck finden. Sie finden es
demütigend, wenn ihnen eine moralische Aufsicht aus Berlin,
Washington oder anderen westlichen Vororten zugemutet wird: Was in
den Vorbergen des Kaukasus geschah und geschieht, lässt auch die
Russen hilflos. Wladimir Putin hat immer wieder öffentlich und in
privaten Kreisen seinem Unmut Ausdruck gegeben und angekündigt -
wörtlich - die Schrauben fester anzuziehen. Untergeordnete Stellen,
so viel ist sicher, haben deshalb nichts zu befürchten, solange sie
ihr Eingreifen nicht übertreiben. Was in Russland offenbar wenig
verstanden wird, ist der vertrauensbildende Effekt der Arbeit der
Nichtregierungsorganisationen. Die deutsche Politik kann in solcher
Lage nicht so tun, als ginge sie das alles nichts an. Man wird auf
amtlich-diplomatischen Wegen deutlich machen müssen, dass alles
seinen Preis hat, auch die Behinderung der Stiftungen. Gleiches gilt
für die etablierten Gesprächskanäle zwischen Bundestag und
Staatsduma. Und auch die Medien können Umgangsformen anmahnen. Man
sollte aber in Berlin auch nicht eine Staatsaffäre daraus machen,
sondern eher so tun, als folge man der Mär vom Übereifer der
untergeordneten Behörden - und ganz entschieden das Ende dieser
Schikanen verlangen. Für Deutschland wie für Russland stehen, von
Rüstungskontrolle bis Energiesicherheit, von Syrien bis Nordkorea,
auch noch andere Punkte auf der Agenda.
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