PresseKat - Mittelbayerische Zeitung: Obama wechselt den Kurs - Die neue Syrien-Politik des US-Präsidenten soll

Mittelbayerische Zeitung: Obama wechselt den Kurs - Die neue Syrien-Politik des US-Präsidenten soll den Sturz des Assad-Regimes von innen beschleunigen. Von Thomas Spang

ID: 842559

(ots) - Die USA streben unverkennbar eine aktivere
Rolle in Syrien an. Der seit den Wahlen im November vorsichtig
eingeleitete Kurswechsel kulminierte vergangene Woche, als Barack
Obama die syrische Führung explizit warnte. Falls sich Berichte über
den Einsatz von Chemiewaffen gegen die Widerstandskämpfer
bestätigten, so der US-Präsident, sei dies ein "Game Changer", der zu
einem Eingreifen der Amerikaner führen könnte. Die starken Worte
lassen aufhorchen. Zusätzliches Gewicht erhalten sie durch
Informationen über Einsatzpläne des Pentagons zur Sicherung der
syrischen Giftgas-Bestände. Diese lagern zum größten Teil in Bunkern
nahe der Grenze zu Jordanien. US-Spezialeinheiten bereiten sich
darauf vor, im Krisenfall die Lager zu sichern. Das Thema dürfte bei
den vertraulichen Gesprächen mit dem jordanischen König Abdullah ganz
oben auf der Liste gestanden haben. Wie es auch kein Zufall war, dass
Obama den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bei
seinem Besuch vergangene Woche davon überzeugte, sich bei der Türkei
für den blutigen Sturm eines Frachters mit Hilfsgütern für den
Gaza-Streifen zu entschuldigen. Ein Blick auf die Karte verrät,
warum. Jordanien, Israel und die Türkei teilen eine Grenze mit Syrien
und haben ein elementares Interesse daran, an einem Strick zu ziehen.
Die USA arbeiteten zuletzt mit einigem Erfolg darauf hin, den
Diktator in Damaskus diplomatisch einzukreisen. Ironischer Weise
stellt sich allein die irakische Führung stur. US-Außenminister John
Kerry schaffte es nicht, Regierungschef Nuri al-Maliki die
Verpflichtung abzuringen, den Transport iranischer Waffen für Syrien
durch den irakischen Luftraum zu unterbinden. Stattdessen macht der
Schiit Maliki keinen Hehl aus seiner Unterstützung für den syrischen
Machthaber Bashir al-Assad, den er als Bollwerk gegen den




Machtanspruch der Sunniten sieht. Dass die USA in Syrien nicht bloß
untätig zuschauen, wie oft fälschlicherweise kolportiert wird, ist
offenkundig. Der frühere CIA-Chef David Petraeus organisierte vor
seinem Rücktritt eine geheime Luftbrücke, über die arabische Staaten
und die Türkei den syrischen Widerstand aufrüsten. Während das Weiße
Haus sich offiziell noch immer ziert, Rüstungsgüter in das
Bürgerkriegsland zu liefern, zieht der amerikanische Geheimdienst
schon seit Monaten im Hintergrund die Fäden. Angesichts der
Komplexität der Lage, darf diese Ambiguität nicht überraschen. Sie
verschafft der Politik Manövrier-Raum, während sie gleichzeitig die
nationalen Sicherheitsinteressen wahrt. Allein schon um nach einem
Sturz des syrischen Diktators eine relevante Kraft zu bleiben, dürfen
die Amerikaner jetzt nicht bloß am Spielfeld-Rand stehen. Zumal die
USA weder Saudi-Arabien noch die Türkei oder Jordanien daran hindern
können, deren sunnitischen Brüdern auf eigene Faust zu helfen. Der
Sinneswandel basiert auch auf Erkenntnissen der Geheimdienste, die
vor einer Dominanz Al-Kaida-naher Gruppen in Syrien warnen. Es liegt
nicht im Interesse der USA, diese Waffen in die Hände von Terroristen
fallen zu lassen. Diese sind schon heute die am besten bewaffneten
Oppositions-Kämpfer. Die Stärkung der moderaten und säkularen Kräfte
schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie schwächt Assad und hilft
in der Auseinandersetzung mit Al-Kaida. Jenseits des nachgewiesenen
Gebrauchs von Giftgas bleibt Obama gut beraten, Umsicht walten zu
lassen. Einkreisung durch die Nachbarn und Aufrüstung der Rebellen
ist kein Appeasement, sondern eine Formel, die den Sturz des Regimes
von innen beschleunigt. Auch bei einer härteren Gangart macht es
deshalb großen Sinn, Realpolitik den Vorzug vor idealistischem Eifer
einzuräumen. Die Erfahrung in Irak sollte mindestens das gelehrt
haben.



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Datum: 26.03.2013 - 20:09 Uhr
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