(ots) - Der Theatervorhang ist gefallen und wird sich
erst wieder in knapp zwei Jahren öffnen. Das Stück, das gegeben
wurde, trägt den Titel: Tarifverhandlungen in der Metall- und
Elektroindustrie. Die Statisten waren in diesem Jahr erneut tausende
Beschäftigte, die nach einem Drehbuch der IG Metall auf die Straße
gegangen sind, um den Druck zu erhöhen, wie es immer heißt. Und auch
wenn das beide Tarifparteien nicht offen zugeben wollen: Warnstreiks
sind so etwas wie die traditionelle Begleitmusik aus dem
Orchestergraben. Gerade in dieser Branche wird der
Lohnfindungsprozess gerne opulent inszeniert. Die eigentliche Regie
wird aber hinter den Kulissen geführt. So stand beispielsweise schon
lange vorher fest, dass der Pilotabschluss für Gesamtdeutschland
heuer nicht in Baden-Württemberg - dem üblichen Pilotbezirk - sondern
in Bayern über die Bühne gehen soll. Den Tarifparteien sei in
Rekordgeschwindigkeit und ohne verstaubte Rituale ein Pilotabschluss
gelungen, lobte Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger gestern schon
fast ein wenig zu überschwänglich. Dass es relativ rasch
vonstattenging, liegt im wesentlichen auch daran, dass sich diesmal
alles nur um schnöde Zahlen und nicht um wirklich heiße Themen drehte
- wie im vergangenen Jahr um die Leiharbeit sowie die unbefristete
Übernahme der Auszubildenden nach der Lehre. Dennoch darf die Höhe
des Abschlusses ein wenig überraschen: Den Neid auf die Beschäftigten
wird sie vermutlich noch weiter anheizen. Schließlich wurde in
Sendungen wie "Hart, aber fair" dieser Tage wieder einmal
vorgerechnet, was ein Bandarbeiter in der Automobilindustrie
inklusive sämtlicher möglicher Zuschläge und Prämien verdienen kann.
Mit dem Plus dürften die Metaller mehr als zufrieden sein. Nach dem
satten Abschluss von 4,3 Prozent im vergangenen Jahr gehören sie
einer Minderheit in der Bundesrepublik an: den Arbeitnehmern, deren
Einkommen sich kontinuierlich steigern. Die Forderung, dass Firmen,
denen es nicht so gut geht, die Möglichkeit haben sollen, eigene
Regelungen mit dem jeweiligen Betriebsrat zu finden, wurde von den
Arbeitgebern fallengelassen. Auch das scheint ein beredtes Indiz
dafür zu sein, dass die Metall- und Elektroindustrie sich diesen
Abschluss tatsächlich leisten kann. Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerseite zeigten sich hochzufrieden und applaudieren gleich
laut. Das nächste große Thema der Branche zeichnet sich aber bereits
seit längerem ab. Der Wirbel um eine Undercover-Reportage des SWR
beim Autohersteller Daimler und damit verbundene Lohndumping-Vorwürfe
rückt das Instrument der Werkverträge verstärkt in den Fokus. Der
"Klärungsprozess" bei der IG Metall, wie man mit dieser Thematik
umgehen soll, befindet sich unterdessen noch ganz am Anfang. In
Zukunft wird sich die Gewerkschaft wohl wieder stärker mit denen
befassen, die schon wenig verdienen oder die noch weniger bekommen
sollen, als mit denen, die sich einen möglichst hohen Aufschlag auf
ein im Branchenvergleich ohnehin schon gutes Gehalt wünschen. Das
Skript für dieses Stück, bei dem es um die Formulierung von
Mindeststandards bei Werkverträgen geht, ist bislang jedoch noch
nicht geschrieben. Dies gilt auch für die Arbeitgeber. Doch zunächst
wäre es wünschenswert, dass sich der Fokus nach dem geglückten
Tarifabschluss auf einen Konflikt richtet, der noch schwelt: Die
Verkäuferinnen im deutschen Einzelhandel können schon von der
personellen Stärke her nicht mit der Männerbastion Metall
konkurrieren. Dabei hätten sie durchaus ein größeres Echo auf ihre
Belange verdient. Autorin: Christine Hochreiter
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