(ots) - Einmal mehr hat sich die so oft beschworene
gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik als Schimäre
erwiesen. Nicht allein der Euro spaltet Europa. Ein tiefer Riss
trennt die 27 EU-Staaten auch, wenn es um Europas Rolle auf der
Weltbühne geht. Nach Deutschlands Weigerung vor zwei Jahren im
UNO-Sicherheitsrat, zusammen mit den Verbündeten für militärische
Aktionen zum Sturz des libyschen Diktators Gadaffi zu stimmen, sind
es jetzt die Briten und Franzosen, die ein gemeinsames europäisches
Handeln sabotiert haben. Gegen alle Bedenken der anderen haben sie
sich einer gemeinsamen Position verweigert und damit ihre Forderung
durchgesetzt, das Waffenembargo gegenüber der syrischen Opposition
aufzuheben. Da das Embargo nur einstimmig hätte verlängert werden
können, steht es nun im Belieben Londons und Paris, den syrischen
Bürgerkrieg mit weiterer Rüstung zu befeuern. Eine fatale
Entwicklung. So groß das Leid der syrischen Bevölkerung, so
verständlich der Wille, die Oppositionskräfte beim Sturzversuch des
Diktators von Damaskus zu unterstützen - so riskant und ungewiss, in
wessen Händen die Waffen fallen und für welche politischen und wohl
eher religiösen Ziele sie eingesetzt werden. Es gibt sie ja leider
nicht, die Opposition, die vereint die Herrschaft des Assad-Regimes
beenden will. Die militärischen Gruppierungen sind ebenso
zersplittert, zerstritten und in großer Zahl fundamental-islamistisch
beseelt wie die Exilpolitiker der sogenannten nationalen Koalition,
die zwar viel reden, aber am Ende bei der Machtverteilung wohl wenig
gefragt sein werden. Keiner kann also garantieren, dass EU-Waffen bei
den Richtigen landen, wenn es die überhaupt gibt. Eben so wenig, dass
sie zur Stabilisierung der Lage im westlichen Sinne beitragen werden.
Im Gegenteil. Die Gefahr, dass zusätzliche Waffenlieferungen aus
Europa in falsche Hände geraten und irgendwann gegen uns gerichtet
werden, ist real. Zudem sollten die Erfahrungen mit dem Irak Mahnung
genug sein. Das dort nicht endende Gemetzel im innerislamischen Krieg
zwischen Sunniten und Schiiten wird in Syrien fortgesetzt. Dort geht
es längst um mehr als nur um den Sturz Assads. Es geht um die Zukunft
des gesamten Nahen Ostens. Ein Pulverfass, das voll genug ist. Doch
Europas Außenminister haben sich nicht einmal darauf verständigen
können, ihr am Freitag endendes Waffenembargo bis nach der für Juni
geplanten großen Genfer Syrien-Konferenz zu verlängern. An ihr wollen
die Amerikaner, die Russen und endlich auch die Regierung Assads
teilnehmen. Auch wenn die Erfolgsaussichten düster sind - wird doch
von Assad der Machtverzicht verlangt -, haben London und Paris mit
ihrem Alleingang nicht nur die Leichtgewichtigkeit Europas auf der
internatonalen Bühne bestätigt. Sie haben auch die vermeintliche
"Friedenskonferenz" schon vorab schwer belastet. Wie Außenminister
Westerwelle angesichts dieses Desasters von einem "klaren Zeichen und
Signal" Europas an Assad reden kann, bleibt sein Geheimnis.
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