(ots) - Der arabische Frühling hat die EU wieder einmal
eiskalt erwischt. Wie schon im Falle Libyens wird mit Leidenschaft
gestritten. Soll das Waffenembargo verlängert werden oder nicht? Die
EU hat dazu keine gemeinsame Meinung. Eigentlich ist das kaum
verwunderlich, schließlich haben die Mitgliedsstaaten aufgrund ihrer
Historie unterschiedliche Sichtweisen und Erfahrungen. Und dennoch
ist der Schlingerkurs der Außenminister fatal. Die EU hat es wieder
einmal verpasst, ein kraftvolles politisches Signal zu senden. Ãœber
80 000 Tote, Millionen Menschen auf der Flucht: Der Krieg in Syrien
hat mittlerweile ein Ausmaß erreicht, das der Westen endlich ernst
nehmen muss. Dass französische Journalisten darüber hinaus nun den
Beweis erbracht haben, dass Assad mit Chemiewaffen gegen das eigene
Volk bombt, lässt nur eine Frage zu: Worauf wartet der Westen noch?
Sicherlich, weder die USA noch ein EU-Staat sollten sich leichtfertig
in den Konflikt hineinziehen lassen. Militärisches Eingreifen ist
keine Garantie für ein Ende des Krieges. Im Gegenteil: Konflikte wie
in Syrien, wo die Opposition längst nicht mehr die Kraft hat, um den
tyrannischen Herrscher zu bezwingen, lassen sich nur über eine
politische Lösung entschärfen. Doch dafür sind saubere und
einstimmige Signale nötig. Genau daran ist die EU in der Nacht zum
Dienstag gescheitert. Dabei wäre ein einstimmig beschlossenes
Aufheben des Waffenembargos ein starkes Zeichen gewesen. Die EU hätte
dem Assad-Regime so vor Augen halten können, dass sie im Notfall eben
doch zum Tabubruch bereit wäre. Doch diesen Trumpf hat man nun
vorschnell aus den Händen gegeben. Schon werden in Brüssel
Erinnerungen wach, wie sich die EU-Mitgliedsstaaten im Fall Libyens
zerrieben haben. Während Deutschland seine ablehnende Haltung gegen
die Errichtung einer Flugverbotszone im Rat zementierte, pochte
Frankreich auf seine Führungsrolle bei der Durchsetzung des Verbots.
Von gemeinsamem Vorangehen keine Spur. So wie damals kommen heute
erneut Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Union auf. Von einer
einheitlichen Außenpolitik ist sie noch weit entfernt. Darüber
täuscht auch der Minimalkompromiss vom Montag nicht hinweg - so
wichtig die Verlängerung der Wirtschaftssanktionen auch sein mag. Um
eines klarzustellen: Die Einwände gegen ein Ende des Embargos sind
allesamt nachvollziehbar. Man kann das Unbehagen der Gegner
verstehen. Schließlich kann niemand kontrollieren, in wessen Hände
das Gerät tatsächlich fällt. Und ob mehr Waffen dabei helfen, einen
Krieg zu beenden, müsste erst noch bewiesen werden. Trotzdem sollte
man nicht unterschlagen, dass es bei den Verhandlungen vom Montag gar
nicht darum ging, die syrischen Rebellen mit schwerem Gerät sofort
aufzurüsten. Schließlich hat sogar Großbritannien, das auf ein Ende
des Embargos gedrängt hat, mitgeteilt, dass man derzeit nicht daran
denke, Waffen zu schicken. Abgesehen davon, dass London außer Paris
keine Verbündeten in der Sache hat, wäre dieser Schritt in der
jetzigen Lage auch falsch. Denn mit der Genfer Konferenz eröffnet
sich wahrscheinlich die letzte Möglichkeit, um den Konflikt doch noch
auf dem Verhandlungsweg zu lösen. In den USA scheint man dies
begriffen zu haben. Längst hat US-Präsident Barack Obama die nötige
Drohkulisse aufgebaut: Sollte es in Genf zu keiner friedlichen Lösung
kommen, will Washington seine bisherige Zurückhaltung aufgeben. Von
solch einem Signal ist die EU meilenweit entfernt. Assad und seine
Generäle dürften sich darüber ins Fäustchen lachen. Autorin: Hanna
Vauchelle
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten(at)mittelbayerische.de