(ots) - Volkszählung ist schon lange kein politischer
Kampfbegriff mehr. Wer sich vor 30 Jahren noch für die
"informationelle Selbstbestimmung" in Stellung brachte und den
Schnüffelstaat boykottierte, hat sich längst an einen sorglosen
Umgang mit persönlichen Daten im Internet gewöhnt.
Der "gläserne Bürger" macht niemandem mehr Angst. Der jetzt
vorgelegte "Zensus 2011" provoziert vielmehr andere unbequeme Fragen:
Wie kann es sein, dass in einer durchdigitalisierten
Industriegesellschaft wie unserer 1,5 Millionen Karteileichen geführt
werden? Und: Welche Folgen muss die Bereinigung der Statistik für
Finanzströme und das Meldewesen zeitigen?
Ob die mehr als 700 Millionen Euro, die Bund und Länder in das
Riesenprojekt Volkszählung gesteckt haben, gut investiertes Geld
waren, muss sich überdies erst noch erweisen. Die aktualisierten
Daten geben Aufschluss darüber, wie und wo Deutschland heute lebt.
Mehr Frauen, mehr Single-Haushalte, mehr Migranten, mehr Zug in die
Ballungsräume - das Zahlenwerk kann wichtige Hinweise enthalten für
eine langfristig angelegte Stadt- und Regionalplanung.
Richtig verstanden, liefert der Zensus eine Folie, die bei neuen
Straßen, Schulen, Kindertagesstätten oder Altenheimen mitbedacht
wird. Falsch verstanden, liefert er nur neue Munition für
Verteilungskämpfe zwischen Bundesländern und Kommunen.
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