(ots) - Solange es keine Einigung über das Budget gibt,
kann die EU keine verbindlichen Beschlüsse fassen.
Ob Agrarreform, Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit oder
Regionalpolitik - Europa befindet sich derzeit in einem Zustand unter
Vorbehalt. Will heißen: Solange es keine Einigung über das Budget der
kommenden sieben Jahre gibt, kann die EU keine verbindlichen
Beschlüsse fassen. Daran wird auch der heute und morgen stattfindende
EU-Gipfel kranken. Hochwichtige Themen auf der Agenda wie der Kampf
gegen die horrende Jugendarbeitslosigkeit kommen nicht voran. Die
versprochenen sechs Milliarden Euro für ein Garantieprogramm stecken
fest. Die EU muss den lähmenden Haushaltsstreit schnellstens beenden.
Um Europas Jugend ist es schlecht bestellt. Zuletzt waren 24,4
Prozent der unter 25-Jährigen im Euroraum ohne Beschäftigung.
Gleichzeitig kommt die europäische Wirtschaft nicht aus der
Rezession. Mahnendes Beispiel ist Frankreich. Die zweitgrößte
Volkswirtschaft der Eurozone ist erneut geschrumpft, die
Arbeitslosenquote auf einem Rekordhoch. Angesichts der desolaten Lage
haben sich die Staats- und Regierungschefs heute vorgenommen, endlich
konkrete Beschlüsse zu fassen. Die Jugendgarantie soll
rechtsverbindlich werden, die Gelder will man von 2014 bis 2016
fließen lassen. Allein Spanien, in dem jeder zweite junge Mensch
arbeitslos ist, wird eine Milliarde Euro erhalten. Zumindest auf dem
Papier. Denn ob die Gelder tatsächlich im nächsten Jahr fließen
werden, ist äußerst unwahrscheinlich. Frühestens im September wird
das Europaparlament über den siebenjährigen Finanzrahmen abstimmen.
Davor muss es jedoch erst einmal eine Einigung mit den
Mitgliedsstaaten geben. Dazu wird es beim heutigen EU-Gipfel
offensichtlich nicht kommen. Dabei wird Geld allein nicht reichen, um
das Problem zu lösen. Es besteht die Gefahr, dass die Milliarden in
teuren Beschäftigungsmaßnahmen verpuffen. Viel wichtiger wäre es
deshalb, dass die Krisenstaaten ihre verkrusteten Arbeitsmärkte
reformieren, um jungen Menschen echte Einstiegschancen zu geben. Doch
mittlerweile scheint auch der Reformeifer der EU-Staaten unter
Vorbehalt zu stehen. Eigentlich hätte das heutige Treffen dazu
genutzt werden sollen, den Ausbau der Eurozone entscheidend
voranzutreiben. Geplant war, dass sich die Hauptstädte und die
EU-Kommission in zentralen Bereichen der Wirtschaftspolitik auf
verbindliche Absprachen einigen. Konkrete Entscheidungen hierzu
sollen jedoch auf den Winter vertagt werden. Schon wieder ein
Aufschub. Dabei hatte man sich beim Dezember-Gipfel im vergangenen
Jahr doch auf diesen Juni vertagt. Glücklicherweise sind die Staaten
beim Thema Bankenunion entscheidungsfreudiger. Der für die Vollendung
benötigte Abwicklungsmechanismus befindet sich auf der Zielgeraden.
Seitdem Ruhe an den Finanzmärkten herrscht, entscheidet sich Europa
dazu, den Ball flach zu halten. Dabei könnte man gerade jetzt die
Chance ergreifen, nicht als Getriebener der Märkte zu agieren,
sondern die Regeln selbst vorzugeben. Der stockende Reformeifer liegt
allerdings auch an der Haltung der Bundesregierung. Kanzlerin Angela
Merkel will es sich so kurz vor den Bundestagswahlen nicht mit den
Wählern verscherzen. Schließlich sind sämtliche Reformen der
Währungszone mit einem Machtzuwachs Brüssels verbunden. Die Länder
müssen hingegen auf Kompetenzen verzichten. Dass dies beim Wahlvolk
derzeit nicht gut ankommt, weiß Merkel natürlich. Damit wird die EU
auf ihren Baustellen weiterhin nur mit Trippelschritten vorangehen.
In der Pflicht sind deshalb jetzt auch die Europaabgeordneten. Sie
sollten den Weg für das Sieben-Jahres-Budget rasch frei- machen. Ein
Europa unter Vorbehalt kann nicht funktionieren.
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