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Der Beitritt Lettlands zur Eurozone ist ein wichtiges Signal in
Zeiten der Krise.
Von Ulrich Krökel, MZ
Nun ist es amtlich: Lettland darf der Euro-Zone beitreten - und
das in einer Zeit, in der die Sorgen um Griechenland wieder wachsen.
Dennoch ist die Entscheidung des Ecofin-Rates richtig und wichtig,
für die baltische Republik ebenso wie für die Währungsunion. Lettland
profitiert schon jetzt davon, nicht mehr als Krisenstaat wahrgenommen
zu werden wie viele südeuropäische EU-Länder. Die ausländischen
Direktinvestitionen haben nach dem dramatischen Einbruch der
Horrorjahre 2008/2009 wieder deutlich zugenommen. Damit ist das
Wachstum ins Baltikum zurückgekehrt. Zugleich fließt auch wieder
internationales Kapital in den geschwächten einstigen Tigerstaat, der
daraus neue Kraft schöpft. Zugegeben: Gerade der Kapitalzufluss aus
Russland, dessen milliardenschwere Anleger nach dem Zypern-Crash neue
Zielländer für ihre Zockerei suchen, ist alles andere als
unproblematisch. Lettland und seine baltischen Nachbarn müssen
aufpassen, dass ihre Finanzsektoren nicht erneut überbläht werden.
Wenn Blasen platzen, bleibt Luft zurück. Die EU-Kommission hat
allerdings angekündigt, die Entwicklung in der baltischen
Bankenbranche mit Argusaugen verfolgen zu wollen. Wenn sie das tut
und gegebenenfalls früh gegensteuert, könnte mittelfristig sogar der
hochfahrende Satz von Herman van Rompuy Gültigkeit erlangen. "Die
Eurozone ist wieder ein Club, bei dem man Schlange steht - nicht weil
man raus, sondern weil man rein will", hatte der EU-Ratspräsident
erklärt, als Lettland an die Tür klopfte. Tatsächlich will Litauen
2015 der Währungsunion beitreten, und auch Neumitglied Kroatien hat
Interesse angemeldet. Am Ende bleiben außer den altbekannten
Euro-Verweigerern in Großbritannien, Schweden und Dänemark sowie den
notorischen Nachzüglern Rumänien und Bulgarien nur die
zentraleuropäischen Zauderer Polen, Tschechien und Ungarn übrig, die
an ihren nationalen Währungen festhalten. Sie werden es jedoch nicht
auf Dauer tun. Wegweisende Bedeutung kommt der Entscheidung in
Warschau zu. Dort hat Regierungschef Donald Tusk einem Euro-Beitritt
vor 2020 soeben eine Absage erteilt. Allerdings ist diese Aussage,
die der innenpolitischen Machtarithmetik geschuldet ist, sicher nicht
das letzte polnische Wort in dieser Frage. Tusk selbst möchte den
Euro noch immer so schnell wie möglich einführen. Er weiß sehr gut
und hat es in Brüssel ein ums andere Mal erfahren, dass er als
polnischer Regierungschef nur begrenzten Einfluss auf zentrale
EU-Entscheidungen hat, solange seine Landsleute nicht mit dem Euro
bezahlen. Einer Mittelmacht wie Polen wird das nicht gerecht. Im
Falle Großbritanniens, das aufgrund seiner Geschichte und seiner
internationalen Bedeutung mit einem Sitz im Weltsicherheitsrat über
ganz andere Hebel verfügt, ist das anders. Schweden und Dänen sind
reich genug, um sich die Euro-Verweigerung leisten zu können. Polen
dagegen ist darauf angewiesen, in allen Gremien Mitspracherecht zu
haben. Tusk wird sein Land deshalb weiter auf den Beitritt zur
Währungsunion vorbereiten. Ergibt sich eine passende
Kräftekonstellation, wird er handeln. Und wenn die Polen in den
Euro-Zug einsteigen, werden Ungarn und Tschechen nicht an der
Bahnsteigkante zurückbleiben. Der Beitritt Lettlands ist deshalb ein
wichtiges Signal, dass die Eurozone weiter wachsen wird und eine
Zukunft hat. Wenn - ja, wenn! - sie nicht vorher kollabiert. Der Fall
Griechenlands zeigt, dass die Krise der Währungsunion noch nicht
ausgestanden ist. Daran gilt es weiter unter Hochdruck zu arbeiten,
auch im deutschen Wahlkampf. Vielleicht können die Balten, die einen
eisernen Spar- und Stabilitätswillen unter Beweis gestellt haben,
Modell und Katalysator sein.
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