(ots) - Syrien versinkt im Bürgerkrieg, 100.000 Menschen
sind schon gestorben. Auch Ägypten ist im Aufruhr und man weiß nicht
genau, ob der Militärputsch ein kurzes demokratisches Experiment
beendete oder einem besseren demokratischen Experiment die Tür öffnen
wird. Es gibt also genug zu richten für die einzige Super- und
regionale Ordnungsmacht USA. Nur die hat sich weitgehend abgemeldet.
Sie kümmert sich um Wichtigeres, nämlich den
israelisch-palästinensischen Konflikt. Der hat zwar angesichts der
Umwälzungen in der Region derzeit keine große Dringlichkeit. Dafür
weiß man jedoch ziemlich genau, wie eine Lösung aussehen könnte. Man
muss beide Seiten nur dazu bringen, sie zu akzeptieren.
Es ist seltsam, dass die US-Regierung sich in Ägypten und Syrien
weitgehend heraushält und ihre ganze Energie auf einen
Nebenschauplatz richtet. Warum die Amerikaner das tun, ist leicht zu
verstehen: Weil sie hier noch etwas bewegen können. Dabei wollten
sich weder Israelis noch Palästinenser in Zeiten, in denen alles um
sie herum in Bewegung geriet, auf ein weiteres Wagnis einlassen. Die
palästinensische Autonomiebehörde nicht, weil ihnen mit Ägyptens
Präsident Hosni Mubarak eine wichtige Stütze in der Region
weggebrochen war. Die Israelis nicht, weil die islamistische Welle,
die durch die Region schwappte, ein enormes Risiko bedeutete.
Schließlich erschien es durchaus wahrscheinlich, dass man in der
Westbank einen Frieden mit einer Fatah-Regierung schließen würde, die
danach von den Islamisten der Hamas hinweggefegt werden würde. Es
sprach also in den vergangenen zwei Jahren wenig dafür, einen neuen
Anlauf zum Frieden zu starten.
Wenn es nun doch gelungen ist, dann hat das mit den sich abermals
verändernden Machtkonstellationen zu tun. Das offensichtliche
Missmanagement des islamistischen Präsidenten in Ägypten hat dem
Ansehen der Muslimbrüder in der Region sehr geschadet. Nachdem sie
nun in Kairo abgesetzt wurden, ist Ägypten wieder in der Lage, seine
klassische Rolle im Nahostprozess zu spielen. Das, und die
Unterstützung der Arabischen Liga, dürfte ein entscheidender Grund
für Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gewesen sein, das Wagnis
einzugehen. Und auf israelischer Seite scheint langsam die Einsicht
zu reifen, dass das Land bei anhaltender Besatzung in immer größere
politische Isolation gerät. Vor allem wollten aber beide Seiten nicht
als diejenigen gesehen werden, die die amerikanischen Bemühungen
blockieren.
Ob das schon reicht, um zu den nötigen Kompromissen zu finden, ist
fraglich. Zeigt Israels Premier Benjamin Netanjahu zu großes
Entgegenkommen, dann gerät möglicherweise seine Regierung ins Wanken
geraten. Ob Palästinenserpräsident Abbas Mut und Willen zum Frieden
aufbringt, ist ebenfalls nicht ausgemacht. Das alles heißt aber
nicht, dass man es nicht versuchen sollte. Der Nahostkonflikt ist
zwar derzeit nicht die drängendste Sorge in der Region. Aber ein
Problem weniger, wäre auch schon was in einer an Problemen reichen
Region.
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