LAG Köln bestätigt Anspruch eines Schichtarbeiters auf Teilzeitstelle nach zweijähriger Elternzeit. Wirtschaftliche Nachteile dem Arbeitgeber zumutbar.
LAG Köln, Urt. v. 10.01.2013, Az. 7 Sa 766/12
(firmenpresse) - Ein Maschinenführer kehrt nach zweijähriger Elternzeit in den Betrieb zurück. Das allein ist zunächst noch nichts Ungewöhnliches und meist unkompliziert. Problematisch wurde es jedoch als der Schichtarbeiter seine Arbeitszeit auf eine Teilzeitstelle reduzieren wollte.
Vor seiner Elternzeit war der Maschinenführer Vollzeit im Drei-Schicht-Betrieb beschäftigt. Nach seiner Elternzeit wollte er jedoch nicht in dieses System zurück, sondern lediglich noch 20 Stunden wöchentlich arbeiten, vorzugsweise vormittags zwischen 9 und 14 Uhr. Als Gründe führte er hierfür an, dass er zwei Kinder zu betreuen habe, da seine Frau diejenige sei, die voll erwerbstätig ist. Daher machte er gegen den Arbeitgeber einen Teilzeitanspruch geltend.
"Solch ein Teilzeitanspruch ist gesetzlich klar geregelt: Gem. § 8 Absatz 4 Satz 1 Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) muss der Arbeitgeber dem Wunsch des Arbeitnehmers nach Teilzeitbeschäftigung nachkommen, es sei denn betriebliche Gründe stehen dem entgegen.", erklärt Rechtsanwalt Markus Mingers, www.anwaelte-bonn.com
Eben solche betrieblichen Gründe führte der Arbeitgeber an um den Teilzeitwunsch des Schichtarbeiters abzulehnen. Es würden sonst spezielle Schichtübergaben eingeführt werden müssen, welche zu Produktionsverzögerungen oder gar zum Stillstand führen könnten, da der Schichtbetrieb in der Firma generell in Vollzeit durchgeführt werde. Auch würde hierdurch das Gesamte Schichtkonzept des Unternehmens unterlaufen, wodurch auch wiederum Urlaubsvertretungsplanungen und andere organisatorische Probleme entstünden. All dies sei zu kompliziert und zu teuer, nur um einem Mitarbeiter den Wunsch auf Teilzeit nach der Elternzeit in einer Produktionsabteilung zu erfüllen. Zudem befürchte der Arbeitgeber einen Nachahmungseffekt bei anderen Arbeitnehmern.
Ebenso sah der Arbeitgeber keine Option den Arbeitnehmer außerhalb des Schichtbetriebs in eine andere Teilzeitstelle einzusetzen, da im Arbeitsvertrag klar die Position eines Maschinenführers vorgesehen sei.
Der Arbeitnehmer führte hingegen an, dass bisher kein anderer Kollege Teilzeitansprüche angemeldet habe und auch die interne Regelung unter den Schichtarbeitern von Urlaubsvertretungen wäre nie ein Problem gewesen. Zudem sei die Einweisung zum Schichtbeginn lediglich eine Sache von wenigen Sekunden, könne also nicht zu gravierenden Produktionsausfällen führen.
Rechtsanwalt Markus Mingers, www.anwaelte-bonn.com erläutert dazu "Betriebliche Gründe nach § 8 Absatz 4 Satz 1 Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) müssen solche sein, die eine wesentliche Beeinträchtigung der Produktions- und Arbeitsfähigkeit des Unternehmens darstellen oder unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen."
Das LAG Köln schloss sich dem Arbeitnehmer an und sah die organisatorischen und wirtschaftlichen Beeinträchtigungen für den Arbeitgeber als zumutbar und nicht wesentlich genug für eine Ablehnung des Teilzeitwunsches an.
Die Kölner Richter schlossen sich damit dem Arbeitsgericht Bonn und dem Landesarbeitsgericht Bonn an die bereits 2012 feststellten, dass die Änderungen in Organisation und Arbeitsablauf dem Arbeitgeber im konkreten Fall zumutbar seien.
"Das Teilzeitbefristungsgesetz dient eben dem legitimen Interesse eines Arbeitnehmers den Beruf mit der Familie vereinbaren zu können. Deshalb sollten Arbeitgeber versuchen mit dem Arbeitnehmer einen gemeinsamen Konsens über die Arbeitszeit zu erreichen, der beiden Seiten gerecht wird. Hierzu ist es allerdings auch immer ratsam, sich fachkundigen Rat im Arbeitsrecht einzuholen, um Rechte und Pflichten der Parteien exakt auszuloten." empfiehlt Rechtsanwalt Mingers, www.anwaelte-bonn.com
Insgesamt bleibt festzustellen, dass Arbeitgeber sich sehr genau und konkret fallbezogen rechtfertigen müssen, wenn sie den arbeitsrechtlichen Wunsch eines Mitarbeiters auf eine Teilzeitstelle nach der Elternzeit ablehnen wollen. Eine generelle Mehrbelastung durch Neuorganisation und Umstrukturierung rechtfertige noch keine Ablehnung sondern ist vielmehr zumutbare Begleiterscheinung des Teilzeitbefristungsgesetzes.
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