(ots) - Unmittelbar nach dem Ende des Ost-West-Konflikts
diskutierten Wissenschaftler laut die These, ob nun eine große
Demokratisierung bevorstehe, welche die gesamte Welt in einen lang
anhaltenden, vielleicht sogar ewigen Frieden taucht. Weit gefehlt.
Zahlreiche Kriege haben die optimistischen Prognosen schnell
vergessen gemacht. Der Siegeszug, den die Demokratie mit dem
Versprechen auf ein besseres und freies Leben hätte antreten können,
verlor sich im Kampf um politische und wirtschaftliche
Machtansprüche. Die Hoffnung, das demokratische Lebenssystem sei ein
Modell, Konflikte friedlich zu lösen, sei die Alternative zu jeder
Form von Oligarchie, Familienherrschaft oder Diktatur, hat sich nun
auch in Ägypten zerschlagen. Wer vorgestern noch davon träumte und
seit gestern trauert, glaubt heute nicht mehr daran. Gerade der
Arabische Frühling, der auch in Ägypten eine hässliche und brutale
Diktatur wegfegte, nährte die Hoffnung, dass bislang diktatorisch
regierte Gesellschaften endlich Freiheit atmen dürfen. Dem zarten
Pflänzchen Demokratie blieb gerade mal ein Jahr Zeit, um einzuüben,
was in Europa über viele Jahrhunderte gewachsen ist. Das war zu
wenig. Bereits am Morgen, als deutsche Nachrichtenagenturen noch
verträumt von der Auflösung des Protestlagers mit Tränengas
berichteten, lieferten internationale Sender schon die Bilder von
Menschen, die mit gezielten Schüssen in Brust und Kopf tot in ihren
Blutlachen lagen. Die Konsequenz ist brutal: Für sehr viele Menschen
nicht nur in der islamischen Welt werden die Toten zu Zeugen für eine
antiwestliche Haltung, schlimmstenfalls für die These, dass
Demokratie nur ein Mittel zum Zweck ist, privilegierte Zugänge zu
Geld und Macht zu sichern. Somit bietet es sich vor allem für die
Scharfmacher an, den drohenden Bürgerkrieg in Kairo mit den
Kategorien Samuel Huntingtons zu beschreiben, der bereits 1993 einen
Kampf der Kulturen zwischen westlichem, chinesischem und islamischem
Kulturkreis vorhersagte. Eine gefährliche Einordnung, denn in dieser
Logik stünde die Entmachtung des demokratisch gewählten Präsidenten
Mursi und das brutale und ungeduldige Vorgehen des Staates für "den
Westen". Insofern sind die Proteste, wie sie jetzt aus der westlichen
Welt zu hören sind, notwendig und absolut richtig am Platz.
Erschreckend ist lediglich, wie leise Westerwelles Klagen etwa aus
dem Auswärtigen Amt vorgetragen werden. Immerhin ist der
Außenminister auf der Höhe der Zeit. Seine Mitarbeiter sind das nicht
immer. Die deutsche Botschaft in Kairo vermeldete gestern Nachmittag
auf ihrer Homepage noch, dass in Ägypten die ersten demokratischen
Wahlen abgehalten wurden und seitdem die Regierung unter Präsident
Mursi im Amt ist.
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