Dr. Kollmer CML Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H.
(firmenpresse) - Der Bundesgerichtshof hat mit einem aktuellen Urteil am am 12. März 2013 (AZ: II ZR 73/11) Rückforderungen von Fonds gegen Anleger einen Riegel vorgeschoben. Tenor des Urteils: Nur wenn eine gesonderte vertragliche Abrede getroffen wurde, darf die Fondsgesellschaft Rückforderungen geltend machen.
Geschlossene Fonds wurden in den letzten 30 Jahren in Milliardenhöhe unter die Leute gebracht. Was wenigen beim Abschluss bewusst ist: sie werden damit Unternehmer und Gesellschafter einer Gesellschaft. Das bringt bestimmte Pflichten und auch Haftungsgefahren mit sich.
Beliebtes Vehikel für einen Fonds ist die Kommanditgesellschaft (KG), meistens in der Ausprägung der GmbH & Co. KG. In der KG haftet der Kommanditist (also der Anleger) nur mit seiner Kommanditeinlage, also seiner Investition, und nicht auch persönlich mit seinem gesamten Vermögen. Wenn der Anleger also seinen Investitionsbetrag bezahlt hat, kann kein Gläubiger der Gesellschaft mehr auf ihn zukommen.
Die KG ist eigentlich für einen Geschlossenen Fonds eine eher ungeeignete Gesellschaftsform, näheres hierzu unter www.gerokollmer.com
Der Knackpunkt aber ist: viele Fonds versprechen eine jährliche Ausschüttung (oft sehr gewagt "garantierte Ausschüttung" oder ähnlich genannt), unabhängig davon, ob die Gesellschaft auch Gewinne in der entsprechenden Höhe gemacht hat. Das wertet das Gesetz als eine Rückzahlung der Kommanditeinlage an den Anleger. Gesetzliche Folge: die Haftung des Anlegers lebt wieder auf.
Ein Fachmann hierzu:
"Der Anleger erhält keine erwirtschafteten Gewinne, sondern tatsächlich sein eigenes Kapital in Teilen zurück. Den Anlegern erschließt sich dieser feine Unterschied oftmals nicht. Für sie läuft alles programmgemäß wie vom Vermittler versprochen. Um so erstaunter sind sie später, wenn die Fondsgesellschaft in der Krise diese Ausschüttungen zurückfordert. Oder wenn bei Pleite des Fonds der Insolvenzverwalter die Gelder für die Insolvenzmasse fordert."
Jetzt aber hat der BGH nochmals über die Rückforderung solcher Ausschüttungen entschieden.
Werden Ausschüttungen zurückgefordert, um den Fonds zu sanieren, wäre hierzu ein einstimmiger Beschluss der Anleger erforderlich. Bei vielen tausend Anlegern wird die Fondsgesellschaft einen solchen Beschluss nicht hinbekommen.
Es gab aber auch Fondskonstrukte, in deren Gesellschaftsverträgen bestimmt war, dass die Ausschüttung dem Anleger nur als Darlehen hingegeben würde. Bislang bejahte die Rechtsprechung die Möglichkeit, Geld von den Anlegern zurückzufordern. Der BGH hat dieser Rechtsprechung ein Ende bereitet: Nur wenn eine gesonderte vertragliche Abrede getroffen wurde, darf der Fonds Zahlungen vom Anleger zurückfordern.
Anders ist jedoch nach wie vor die Lage im Fall einer Insolvenz: Fordert der Insolvenzverwalter der Fondsgesellschaft die Rückzahlung von Beträgen, die nicht von Gewinnen der Gesellschaft gedeckt sind, hat der Anleger kaum Chancen.
Anhang 1: Leitsätze des BGH :
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 73/11
Verkündet am:
12. März 2013
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
HGB § 169 Abs. 1
a) Wird an einen Kommanditisten auf der Grundlage einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag eine Aus-zahlung geleistet, obwohl sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert wird, ist der Kommanditist nur dann zur Rückzahlung an die Gesellschaft verpflichtet, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht.
b) Allein der Bestimmung im Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft, dass eine solche Ausschüttung "auf Darlehenskonto gebucht wird" und bei einem Verzicht des Gesellschafters auf diese Entnahmen "die Bildung einer Darlehensverbindlichkeit" entfällt, lässt sich nicht mit der aus der Sicht eines beitretenden Gesellschafters erforderlichen Klarheit entnehmen, dass die Ausschüttung unter dem Vorbe-halt der Rückforderung steht.
(?)
BGH, Urteil vom 12. März 2013 - II ZR 73/11 - OLG Hamm
LG Dortmund
Angang 2: Pressemitteilung des BGH:
Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
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Nr. 39/2013
Bundesgerichtshof entscheidet über die Rückforderung gewinnunabhängiger Ausschüttungen bei Kommanditbeteiligung an Schiffsfonds
Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat hat entschieden, dass nach dem Gesellschaftsvertrag zulässige gewinnunabhängige Ausschüttungen an Kommanditisten eines in der Rechtsform einer GmbH & Co KG organisierten Schiffsfonds nur dann von der Gesellschaft zurückgefordert werden können, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist.
In den heute verhandelten Verfahren verlangten zwei Beteiligungsgesellschaften, deren Gesellschaftszweck jeweils der Betrieb eines Containerschiffs war, die Rückzahlung von Ausschüttungen von der beklagten Kommanditistin.
In den Gesellschaftsverträgen der Klägerinnen ist übereinstimmend geregelt, dass die Gesellschaft unabhängig von einem im Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinn oder Verlust für den Fall, dass die Liquiditätslage es zulässt, in einem bestimmten Zeitraum nach Gründung des Fonds voraussichtlich Beträge in im Einzelnen angegebener Höhe eines prozentualen Anteils des Kommanditkapitals an die Gesellschafter ausschüttet, die auf "Darlehenskonto" gebucht werden. Sofern ein Gesellschafter im Hinblick auf das Wiederaufleben der Haftung auf diese Entnahmen verzichtete, sollte "für ihn insoweit die Bildung der Darlehensverbindlichkeit" entfallen.
An die Beklagte wurden aufgrund von entsprechenden Beschlüssen der Gesellschafterversammlungen Beträge in Höhe von 61.355,03 ? und 30.667,51 ? als gewinnunabhängige Ausschüttungen gezahlt. Nachdem die Beteiligungsgesellschaften in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren, beschlossen die Gesellschafterversammlungen im Rahmen eines Restrukturierungskonzepts die Rückforderung der an die Kommanditisten auf der Grundlage dieser Satzungsregelung ausgezahlten Beträge.
Die Klagen hatten in beiden Instanzen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat auf die von ihm zugelassenen Revisionen der Beklagten die angefochtenen Berufungsurteile aufgehoben und die Klagen abgewiesen. Allein der Umstand, dass die Beträge nach dem Gesellschaftsvertrag unabhängig von einem erwirtschafteten Gewinn ausgeschüttet wurden, lässt einen Rückzahlungsanspruch nicht entstehen. Soweit in den Ausschüttungen eine Rückzahlung der Kommanditeinlage zu sehen ist und damit die Einlage insoweit gemäß § 172 Abs. 4 HGB den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet gilt, betrifft dies nur die Außenhaftung des Kommanditisten. Im Innenverhältnis zur Gesellschaft sind die Gesellschafter dagegen frei, ob und mit welchen Rechtsfolgen sie Einlagen zurückgewähren. Werden Einlagen aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung der Gesellschafter zurückbezahlt, entsteht daher ein Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft nicht automatisch, sondern nur bei einer entsprechenden vertraglichen Abrede. Den Gesellschaftsverträgen der Klägerinnen hat der Bundesgerichtshof bei der gebotenen objektiven Auslegung keinen Anspruch der Gesellschaft auf Rückzahlung der Ausschüttungen entnehmen können.
Urteile vom 12. März 2013 - II ZR 73/11 und II ZR 74/11
OLG Hamm - Urteile vom 9. März 2011 ? I-8 U 132/10 und I-8 U 133/10
LG Dortmund - Urteile vom 22. Juli 2010 ? 18 O 162/09 und 18 O 163/09
Karlsruhe, den 12. März 2013
§ 171 Abs. 1 HGB:
Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.
§ 172 Abs. 4 HGB
Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird.
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
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