(ots) - Einsicht ist bekanntlich der beste Wege zur
Besserung. Dazu hat sich Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle
endlich einmal durchgerungen. Das furchtbare Blutvergießen in Ägypten
sei "eine Niederlage für die Diplomatie", räumte er am Mittwochmorgen
im Frühstücksfernsehen im Rahmen seiner selbst gesuchten steten
Fernsehpräsenz ein. Westerwelle hätte, wäre er politisch noch
ehrlicher gewesen, auch sagen können: "In Ägypten erleben ich und die
EU ihre ganze Machtlosigkeit."
Als bislang einzige Ausländerin hatte die EU-Außenbeauftragte
Catherine Ashton den gestürzten Präsidenten Mursi in der Haft
besuchen dürfen. Ihr Bemühen, ihn für eine Beruhigung der explosiven
Lage am Nil zu gewinnen, ist ebenso fehlgeschlagen wie Westerwelles
Treffen mit Machthaber al-Sisi in Kairo. Statt mäßigend geht der
Armeechef scharf eskalierend gegen die Muslimbrüder vor. Wenn nun
auch noch Ex-Diktator Mubarak aus der Haft entlassen wird, bestätigt
das nur, wie wenig ernst Westerwelle und seine EU-Kollegin genommen
werden. Auch ihre Überlegung, auf Ägypten Druck durch die Kürzung von
Finanz- und Wirtschaftshilfen auszuüben, wird den Militärs nur ein
müdes Lächeln entlocken. Saudi-Arabien ist bereit, mit Milliarden
Dollar in die Bresche zu springen. Auch das empfohlene Waffenembargo
ist eher ein Placebo für die heimische Öffentlichkeit.
Nicht minder peinlich für Westerwelle ist das Treffen mit Israels
Ministerpräsident Netanjahu vor den erneuten Friedensverhandlungen
mit den Palästinensern. Nach dem Gespräch lobte Westerwelle
Netanjahus Verhandlungsbereitschaft und wertete den Kontakt als große
Chance, doch noch zu einer friedlichen Nahost-Lösung zu kommen. Doch
kaum war er abgereist, fiel ihm Netanjahu in den Rücken. Mit der
Ankündigung eines weiteren Wohnungsbauprojekts im besetzten Gebiet
provozierte der israelische Ministerpräsident die Gegenseite, bevor
die Gespräche überhaupt begonnen hatten. Dabei hatte Westerwelle
einmal mehr eindringlich vor weiterem Siedlungsbau gewarnt. Seine
Worte zählen auch in Israel nicht viel.
Wenn es um die Existenz eines Landes wie im Fall Israels oder den
Kampf zwischen religiöser und weltlicher Macht geht wie derzeit in
den Staaten Nordafrikas, sind Rat und Tat von außen mit dem Ziel,
einen Kompromiss zu finden, kaum noch erwünscht. Dann hat die
Diplomatie verspielt. Dann dokumentieren Brüsseler Konferenzen oder
Westerwelles immer neue Erklärungen nur noch die Ohnmacht gegenüber
den Krisen dieser Welt.
Selbst Amerika zeigt sich bei allem Wortgetöse als ohnmächtige
weltpolitische Ordnungsmacht. Sie schaut dem Schlachten in Syrien
weiter zu, obwohl dort offenbar Giftgas versprüht wird. Das galt für
Präsident Obama einmal als rote Linie, deren Überschreiten zum
Eingreifen zwinge. Hehre Ankündigungen ohne Folgen sind
Phrasendrescherei. Ein schwacher Trost für Westerwelle: Er ist Teil
einer wortreichen, aber wirkungslosen Kaste.
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