(ots) - Bei der Kritik an den Antiterror-Gesetzen in
Deutschland passen einige Dinge nicht zusammen. Zum Beispiel wird
behauptet, die Bürgerrechte würden allzu sehr eingeengt, das hier sei
schon ein Geheimdienststaat. Gleichzeitig aber wird angesichts der
NSU-Morde nach mehr Verfolgungsdruck gerufen. Fakt ist: Die nach dem
11. September 2001 erlassenen Maßnahmen haben Deutschland sicherer
gemacht. Die Befugnisse der Behörden wurden erweitert und ihre
Zusammenarbeit wurde verbessert. Fakt ist aber auch, dass mancher
Fahndungserfolg bloß Zufall war. Im Großen und Ganzen also geht es
jetzt nicht um eine grundlegende Kehrtwende in der
Sicherheitspolitik. Die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung ist, dass so
viel Sicherheit gegen den Terror schon sein muss. Jetzt geht es um
Feinsteuerung, um Nachjustierung. Die Mängel liegen in der
praktischen Umsetzung, weniger in den Befugnissen. Allerdings sind
auch dort noch einige Regelungen nötig. Die Speicherung von Daten auf
Vorrat, streng kontrolliert durch Richter, ist für die
Strafverfolgung notwendig. Außerdem muss endlich über einen neuen
Tatbestand "Hasskriminalität" geredet werden, der bei fanatisch
motivierten Straftaten im Alltag den Verfolgungsdruck erhöhen könnte.
Schwerpunkt der jetzt notwendig werdenden Reform jedoch sind
innerbehördliche Verbesserungen. Das ist auch das Ergebnis des
Berichts einer Regierungskommission. Die Professionalisierung des
Einsatzes von V-Leuten gehört ebenso dazu wie die bessere
Koordination und Kooperation der Dienste. Sie müssen intelligenter
werden, der Behörden-Mief muss raus. Auch bleibt die Frage, was
Mini-Landesämter für Verfassungsschutz bewirken können, und welche
Funktion ein Militärischer Geheimdienst neben dem
Bundesnachrichtendienst noch hat. Zum anderen geht es um eine bessere
Kontrolle durch Parlament und Öffentlichkeit, denn diese
Antiterror-Sicherheitsarchitektur dürfte Bestand haben. In der
Diskussion wird derzeit einem angeblichen "Supergrundrecht"
Sicherheit ein Supergrundrecht Freiheit entgegengehalten. Welch eine
Alternative, Tod oder Rechtsstaat. Die Gefahr besteht, dass diese
Ideologisierung Verbesserungen blockiert, was ja real schon
geschieht. So hat auch die Regierungskommission gestern in
entscheidenden Punkten nur verschiedene Meinungen vorgetragen. Alles
ist vertagt, zunächst bis nach der Wahl. Das Supergrundrecht aber
heißt: Sicheres Leben im freiheitlichen Rechtsstaat. Es lässt sich
schützen, wenn es Pragmatismus und Kompromissbereitschaft auf allen
Seiten gibt. Dass es daran mangelt, auch zwischen den
Koalitionspartnern Union und FDP, ist im Moment das wohl größte
Sicherheitsrisiko. Es bleibt zu hoffen, dass nicht ein Anschlag die
Entscheidungsfindung beschleunigt.
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