(ots) - "Arroganz der Macht" heißt der Titel eines Buches,
das der amerikanische Senator William Fulbright vor nunmehr 47 Jahren
geschrieben hat. Es ist eine Mahnung insbesondere an sein Heimatland:
Weil Amerika so stark ist, bestehe die latente Gefahr, diese Macht zu
missbrauchen. Der Befund ist leider weiter von hoher Aktualität. Ein
Problem, das nicht allein den Washingtoner Regierungsapparat mit
Präsident Barack Obama belastet, sondern den gesamten Westen. Denn
nimmt die Glaubwürdigkeit der Führungsmacht Schaden, verliert auch
die westliche Wertegemeinschaft insgesamt an Attraktivität und
Ãœberzeugungskraft. Derzeit klaffen der Anspruch, Hort und Anwalt von
Demokratie, Frieden und Freiheit - persönlicher wie staatlicher - zu
sein, und die Realität mal wieder bedenklich auseinander. Das gilt
für die endlosen Enthüllungen zur NSA-Spionage ebenso wie für Obamas
Drängen auf einen Militärschlag gegen Syrien. Es ist selbst für den
treuesten Atlantiker unbegreiflich, mit welcher Selbstgerechtigkeit
sich die amerikanischen Geheimdienste zum Herrscher und potenziellen
Mithörer der weltweiten Kommunikation machen. Geheimdienste rund um
den Globus haben ihre Regierungen über Absichten und Planungen
fremder Mächte zu informieren. Mit dem Ziel, Schaden und Gefahren für
das eigene Land abzuwehren. Ihre Aufgabe darf es nach westlichem
Selbstverständnis nicht sein, die Bürger zu belauschen oder die
Wirtschaft befreundeter Staaten auszuspähen. Wenn sich der
US-Geheimdienst NSA nun auch noch den Zugriff auf den gesamten
Smartphone-Bereich geöffnet hat, muss sich Obama fragen lassen, wie
ernst man es dort noch mit den individuellen Menschenrechten meint.
Zu denen zählt die abhörsichere persönliche Kommunikation. Wann
endlich weist Präsident Obama seine Spionageabteilungen in die
Schranken? Wann endlich beugt sich die Arroganz der Mächtigen wieder
den selbst postulierten Werten der Freiheit? Der Westen verliert
nicht nur selbst an Glaubwürdigkeit. Er setzt seine Reputation in der
ganzen Welt aufs Spiel. Dieser Ansehungsverlust verstärkt sich für
Obama höchstpersönlich, seit er nach dem Giftgaseinsatz ohne
UN-Mandat und den letzten entscheidenden Beweis auf eine Strafaktion
gegen Syrien drängt. Selbst der Stabschef im Weißen Haus musste nun
einräumen, dass es keine unwiderlegbaren Beweise gäbe, die Präsident
Assad für den Giftgasangriff verantwortlich machten. Die Erfahrungen
aus dem Irakkrieg sollten dem Friedensnobelpreisträger Obama Mahnung
genug sein. Auch damals hatte die Arroganz der Macht über alle
Zweifel bezüglich chemischer Waffen in der Hand von Saddam Hussein
gesiegt. Der US-Präsident muss bedenken, dass die Glaubwürdigkeit
westlicher Überzeugungen schon jetzt über Gebühr leidet. Weil Obama
mehr über sie redet, als dass sie sein Handeln bestimmen.
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