(ots) - Alle Versuche der anderen Parteien auch am Tag
danach, sich das bayerische Wahlergebnis im Hinblick auf den nächsten
Sonntag schönzureden, schlugen fehl bis hin zur Peinlichkeit. Es
bleibt dabei: Horst Seehofer und seine CSU bleiben die Triumphatoren,
die einzigen Sieger der Landtagswahl, dem letzten echten
Stimmungsbarometer vor dem nationalen Urnengang, selbst wenn die
Bayern die politischen Maßstäbe etwas anders gewichten als der Rest
der Bundesbürger.
Natürlich kann die absolute Mehrheit der CSU - übrigens die
einzige in einem Flächenland - die Union insgesamt beflügeln. Doch
für Angela Merkel birgt der Durchmarsch zugleich ein Risiko, sogar
ein zweifaches. Zum einen könnten die ohnehin schon etwas zu
siegessicheren Unionsanhänger am Sonntag noch unbesorgter zu Hause
bleiben, weil für sie jetzt alles gelaufen scheint. Und dann ist da
noch die FDP, die nur auf Kosten der Union wieder in den Bundestag
einziehen und politisch wahrnehmbar bleiben kann. Der blasse
FDP-Parteichef Philipp Rösler und der biedere Spitzenkandidat Rainer
Brüderle müssen schwer im CDU-Lager wildern, wenn die schwarz-gelbe
Koalition und sie selbst überleben sollen. Doch wollen die
Unionsanhänger nach vier streitbaren bürgerlichen Regierungsjahren
überhaupt noch eine Fortsetzung? Ist ihnen und der Kanzlerin eine
große Koalition unter ihrer Führung nicht längst viel lieber?
Ãœberlegungen, die im Konrad-Adenauer-Haus auch deshalb kein Tabu
sind, weil Rot-Rot-Grün eine Mehrheit im Bundesrat hat, mit der sich
die nächste Regierung verständigen muss. Das wäre für Schwarz-Rot
leichter als für Schwarz-Gelb.
Wenn auf der anderen Seite die SPD mit einer geradezu
akrobatischen Argumentation versucht, den kleinen bayerischen
Punktgewinn zum großen Stimulans für die letzten fünf Tage zu
verklären, wirkt das eher der Verzweiflung nah. Es war vom populären
Christian Ude erwartet worden, dass er eine absolute CSU-Mehrheit
zusammen mit den Grünen und den Freien Wählern verhindert. Insofern
ist das SPD-Ergebnis wahrlich eine bittere Niederlage. Wenn
Parteichef Sigmar Gabriel öffentlich weiter von einem rot-grünen
Wahlsieg im Bund träumt, ist das ein rein taktisches Räsonieren.
Gabriel muss seine Wählerklientel bei Laune halten. Er kann sie nur
an die Wahlurne bringen, wenn ihnen weiter die Chance auf das
gewünschte Sonntagsresultat vorgegaukelt wird. Denn dass Steinbrück
plus Göring-Eckardt/Trittin von den Grünen das allein nicht schaffen
werden, ahnt man auch im Willy-Brandt-Haus. Der erneute Zwang zu
einer großen Koalition wird in der SPD-Zentrale längst ins Kalkül
gezogen.
Nur in einem sind sich alle Parteien einig: Bayern ist Ansporn für
die letzten Tage. Eine Selbstverständlichkeit. Zugleich Ausdruck von
Ratlosigkeit in den Parteizentralen, wohin der Wählerwille tendiert.
Der bleibt schwankend bis zuletzt. Das ist gut so. Weil die
Wahlbürger, nicht die Wahlstrategen über die Zukunft des Landes und
die von Parteien und Karrieren entscheiden. Erst am Sonntag sind wir
alle wirklich klüger.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd(at)axelspringer.de