(ots) - Herkunftsnachweise von Gemälden werfen Fragen nach
früheren Eigentümern auf
Berlin, 18. September 2013 - Mit spektakulären Auktionen
elektrisiert das deutsche Kinderhilfs¬werk Unicef derzeit den
Kunstmarkt. Rund 43 Millionen Euro hat Unicef nach eigenen Angaben
mit der Versteigerung der Kunstsammlung Rau in diesem Jahr bereits
eingenommen, weitere Auktio¬nen stehen kurz bevor. Doch die Herkunft
der Kunstwerke und die früheren Eigentümer sind nach Recherchen des
Wirtschaftsmagazins 'Capital' (Ausgabe 10/2013, EVT 19. September)
nicht immer vollständig nachvollziehbar.
Um die Kunstsammlung des 2002 verstorbenen Multimillionärs Gustav
Rau, deren Wert auf rund 500 Millionen Euro geschätzt wird, tobte
lange ein erbitterter Streit zwischen Unicef und Raus eigenen
Stiftungen in der Schweiz und in Liechtenstein. Für Investoren ist
heute nicht immer leicht zu durchschauen, wer die Kunstwerke zu
welcher Zeit besaß. Raus Schweizer Dritte-Welt-Stiftung wird nach
'Capital'-Recherchen bei den jetzigen Versteigerungen als
Vorbesitzerin der Kunst¬schätze nicht erwähnt. So wurde etwa Claude
Monets berühmtes Gemälde "Le Pont de bois" im Juni für sieben
Millionen Euro zu Gunsten von Unicef versteigert, ohne Raus
Dritte-Welt-Stiftung im Provenienznachweis zu nennen - wie auch nicht
bei den anderen Gemälden der rund 800 Werke umfassenden Sammlung.
Stattdessen wird bei der Auktion zu Gunsten von Unicef die
"Collection Rau" als Besitzer genannt. Und Unicef selbst sieht sich
als Eigentümer. Im Wildenstein-Katalog dagegen, dem renommiertesten
Werkverzeichnis für Monets Gemälde, wurde die Dritte-Welt-Stiftung
schon früher als Eigentümerin von "Le Pont de bois" aufgeführt.
Selbst jahrelang mit dem Fall befasste Juristen sind weiter uneins
über die früheren Besitzverhält¬nisse der Kunstobjekte, auch in Bezug
auf Raus Stiftung in Liechtenstein. Der ehemalige Unicef-Anwalt Anton
Maurer von der Kanzlei CMS sagt heute, Raus Liechtensteiner Stiftung
Crelona sei "zu keiner Sekunde Eigentümer der Sammlung" gewesen. Die
Kunstrechtlerin Teresa Giovannini von der Genfer Anwaltskanzlei
Lalive, die aufseiten der Schweizer Stiftungen tätig war, sagt: "Auch
wenn Unicef und Rechtsanwalt Maurer dies bestreiten sollten, war die
Stiftung Crelona seit 1997 rechtmäßige Eigentümerin der meisten
Kunstobjekte." Der Rest der Sammlung habe Raus Dritte-Welt-Stiftung
gehört.
'Capital' hat Experten gefragt, was eine umstrittene Provenienz
von Gemälden für Investoren auf dem Kunstmarkt bedeuten könnte.
"Käufer gehen bei Auktionen im angelsächsischen Raum immer ein hohes
Risiko ein", sagt der Münchner Anwalt und Experte für Kunstrecht
Michael Feuerberg. Dort gebe es keinen gutgläubigen Erwerb auf
Auktionen, warnt der Jurist. Es könne passieren, dass man zwar ein
Gemälde ersteigert, aber kein Eigentum erworben habe. "Selbst wenn
jemand bei Sotheby's ein Bild für Millionen kauft, kann es sein, dass
Jahre später ein anderer seine Rechte anmeldet", so Feuerberg.
Unicef sieht sich als rechtmäßige Eigentümerin der Bilder. Es
seien auch keine Ansprüche von Dritten bekannt, so das
Kinderhilfswerk. Mit Raus Schweizer Stiftung habe man ein Abkommen
geschlossen, das "die Eigentümerstellung bestätigt". Doch ganz sicher
scheint sich das Kinder¬hilfswerk selbst nicht immer zu sein. So hieß
es in einem geheimen Schreiben von Unicef anläss¬lich einer
Ausstellung einiger Werke: "Sollte nachträglich festgestellt werden,
dass an den Werken Eigentumsansprüche bestehen", wolle man um eine
"Rückgabefrist von zwölf Monaten" bitten. Auf Anfrage von 'Capital'
schreibt Unicef: "Sollten zukünftig Ansprüche geltend gemacht werden,
wird Unicef diese Ansprüche prüfen und alles tun, um eine
einvernehmliche Lösung zu erreichen."
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