VSP-Chefökonom Hannes Zipfel behandelt in der September-Ausgabe der "Finanzmärkte aktuell" als Schwerpunktthema die Märkte im Spannungsfeld zwischen der Bundestagswahl am kommenden Sonntag (22.9.), den anstehenden wichtigen geld- und personalpolitischen Entscheidungen der US-Notenbank und dem Syrienkonflikt.
Zipfel Fazit nach Analyse möglicher Koalitionskonstellationen im nächsten Bundestag und deren Auswirkungen auf die zukünftige Europolitik sowie die Börse: Der Wählerfrust ist hoch, und die AfD wird in ihrem Wählerpotenzial unterschätzt. Die FDP schafft den Wiedereinzug in den nächsten Bundestag nicht; stattdessen wird die eurokritische AfD zum Schlüsselfaktor bei der Koalitionsbildung. Die realistischste Chance hat in dieser Gemengelage eine Große Koalition von CDU/CSU und SPD.
(firmenpresse) - Der Wählerfrust vor der anstehenden Bundestagswahl am kommenden Sonntag ist hoch; und die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD), die erstmals zur Wahl steht, dürfte der Schlüsselfaktor bei der Bildung der nächsten Bundesregierung werden.
In der September-Ausgabe der monatlichen VSP-Onlinekonferenz "Finanzmärkte aktuell" nimmt sich VSP-Chefökonom Hannes Zipfel dieses Mal des brandaktuellen Themas 'Börse und Bundestagswahl' als einem von drei Schwerpunkthemen an und analysiert die Chancen der zur Wahl stehenden Parteien und die absehbaren Auswirkungen möglicher Regierungskoalitionen auf die Börse.
Zipfel sieht in den Erhebungsmethoden der klassischen Wahlforschungsinstitute eine Verzerrung zugunsten der etablierten Parteien, die sich im Vergleich zu den die Neuen Medien miteinbeziehenden Erhebungsmethoden deutlich zeigt. Für Zipfel steht fest: Die AfD wird mit ca. 7 % die Fünf-Prozent-Hürde deutlich nehmen, während für die konturlose FDP, deren Zweitstimmenkampagne an den Eigeninteressen der CDU/CSU zu scheitern droht, der Einzug in den nächsten Bundestag stark gefährdet ist. Damit bleibt für Zipfel eine Große Koalition aus CDU/CSU und SPD die wahrscheinlichste Lösung, in der die CDU/CSU abermals dominieren wird. Für die Finanzmärkte liefert der sich abzeichnende Regierungswechsel von Schwarz-Gelb auf Schwarz-Rot kein bemerkenswertes Szenario. Die von den Finanzmärkten als Schreckgespenst empfundene Dreierkoalition Rot-Rot-Grün wäre im Falle des Einzugs der AfD ins Parlament obsolet. Die die derzeitige Bundesregierung vermutlich ablösende Große Koalition bedeutet für die Börsen weiterhin stabile politische Verhältnisse, die an den Grundfesten der derzeitigen Finanzmarktpraktiken nicht rühren werden.
Weniger wahrscheinlich, aber politisch brisant gegenüber der bewährten Koalition Schwarz-Rot sieht Zipfel die neue Farbkombination Schwarz-Blau, die der GAU für die Kapitalmärkte wäre. Mit Beteiligung der Euro-kritischen AfD stünde nicht nur die Euro-Teilnahme Griechenlands auf dem Prüfstand. Denkbar wäre dann auch die Abkehr von der ultralaxen Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, die sich immer deutlicher als Bankenrettungsinstrument denn als Stimulus für die Realwirtschaft der Euro-Länder erweist. Doch auch ohne eine Regierungsbeteiligung dürfte allein der Einzug der AfD in den nächsten Bundestag die politische Diskussion um die Rolle der Europäischen Zentralbank und die Schnürung weiterer 'Euro-Rettungspakete' für die Südländer entscheidend intensivieren. Eine grundlegende Diskussionsbelebung dieser Art wäre von einer schwarz-roten Bundesregierung nicht zu erwarten, die von der politischen Klasse der Euro-Südländer nach Rot-Rot-Grün als zweitbester Wahlausgang erhofft wird.
Von größerer Bedeutung für die Finanzmärkte sind die anstehenden wichtigen Entscheidungen der US-Notenbank Fed und die sich mit der jüngst in Genf getroffenen Übereinkunft zum Abbau syrischer Giftgasbestände bis 2014 derzeit deeskalierende Syrienkrise.
Mit Spannung erwartet wird die Offenmarktsitzung (FOMC-Meeting) der Fed am 18. September, die Änderungen am aktuellen Anleihenkaufprogramm der US-Notenbank beschließen könnte, das unter dem euphemistischen Namen 'Quantitative Easing' ("Quantitative Lockerung") bekannt ist. Zipfel geht davon aus, dass die geplanten Änderungen nur sehr moderat sein werden und nur Staats-, nicht jedoch Hypothekenanleihen betreffen werden, da der US-amerikanische Immobilienmarkt sehr sensibel reagieren würde, wie sich in den seit Ankündigung der geplanten Änderungen gestiegenen Hypothekenzinsen bereits zeigt.
Der Blick auf die Syrienkrise, um nicht zu sagen Syrienkrieg, ist facettenreicher als gemeinhin wahrgenommen. Wie Zipfel mit dem griffigen Dreiklang 'Kampf um Glauben, Macht und Milliarden' darstellt, geht es um weit mehr als eine humanitäre Katstrophe. Neben einer stark religiös begründeten Komponente – der Auseinandersetzung zwischen Schiiten, Sunniten und Alaviten – spielen insbesondere machtpolitische Interessen um die Kontrolle der transarabischen Pipeline, die als Alternative zur russischen Ostseepipeline für die Gasversorgung Europas errichtet wird, eine Rolle. Eine Eskalation des Syrienkrieges ist noch immer denkbar, das Ansteigen der Öl- und Benzinpreise bereits Realität. Sollte eine massive Ausweitung des Konfliktes eintreten, wäre ein Ölpreisschock mit negativen Folgen für die globale Volkswirtschaft absehbar. Angesichts der derzeitigen Deeskalation, die der Konsens der Großmächte USA und Russland trotz bleibender grundlegender Differenzen bedeutet, preisen die Aktienmärkte aktuell das Kriegsszenario wieder aus, während es im Ölpreis erhalten bleibt.
Der Dax, der ein neues nominales Allzeithoch erklommen hat, besitzt bei einem Durchschnitts-KGV von 10,9 noch immer das Potenzial für eine veritable Herbst-Winter-Rally. Gründe liegen im Wesentlichen in der überreichen Liquidität an den Kapitalmärkten und dem allgemein niedrigen Zinsniveau. Der Aktienmarkt befindet sich weiterhin im robusten Aufwärtstrend, wobei gerade deutsche Dividendenwerte attraktiv bleiben.
Die monetären Edelmetalle, derzeit durch eine saisonale Nachfragestärke beim Gold gekennzeichnet, haben als Reaktion auf die Entspannung in Syrien nach deutlichem Anstieg nachgegeben, behalten angesichts der grundlegenden systemischen Risiken in den Märkten aber nach wie vor ihre Berechtigung als Top-Assetklasse im Bereich der Sachwerte. Belastend wirken derzeit der jüngste Zinsanstieg sowie disinflationäre Tendenzen in den westlichen Volkswirtschaften. Die dem Markt weiterhin zufließende Überschussliquidität sollte den monetären Edelmetallen Gold und Silber aber mittelfristig wieder deutlichen Auftrieb verleihen.
Der Ausblick für die kommenden Monate bleibt für Sachwerte weiter positiv; mittelfristig sieht Zipfel jedoch das Entstehen globaler Aktien-, Immobilien- und Rohstoffblasen. Der derzeitige Syrienkonflikt dürfte die Börsen nicht gravierend tangieren, mit Ausnahme des von der geopolitischen Unsicherheit profitierenden Ölpreises. Kurzfristig Unsicherheit herrscht an den Märkten wegen der anstehenden Bundestagswahlen, dem Erreichen des 'Debt Ceiling' in den USA zum Monatsende und der bevorstehenden Grundsatzentscheidung des FOMC-Ausschusses der Fed über eine mögliche leichte Rückführung der stützenden Anleihekäufe ('Tapering').
Aufzeichnung der VSP-Onlinekonferenz "Wählerfrust und unterschätzte AfD - Die Märkte zwischen Bundestagswahl, Fed-Entscheidung und Syrienkrieg" vom 17. September 2013 kostenfrei abrufbar:
Die vollständige Aufzeichnung der September-Onlinekonferenz "Finanzmärkte aktuell" (Dauer ca. 0:52 h) mit zahlreichen illustrierenden Charts ist unter http://bit.ly/1fbGGaI
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Eine aktuelle Terminübersicht mit Anmeldemöglichkeit für die kostenfreien VSP-Onlinekonferenzen befindet sich hier: www.vsp.ag/events/onlinekonferenzen.htm.