(ots) - Die Tragödien nehmen kein Ende. Die kleine
italienische Insel Lampedusa droht zu einem riesigen Friedhof zu
werden. Die Katastrophe mit Hunderten von Ertrunkenen ist die bislang
erschütterndste, reiht sich aber ein in eine lange Reihe von
gescheiterten Fluchtversuchen, bei denen in den vergangenen 25 Jahren
vermutlich etwa 20.000 Menschen starben. Die Betroffenheit ist groß
und echt, die Forderungen, den Fluchtwilligen zu helfen, sind
verständlich, lautstark und lang. Aber leider leichter formuliert als
umgesetzt.
Nach einem Bericht des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge sind
weltweit 45 Millionen Menschen vor politischer Verfolgung,
militärischer Bedrohung und oder aus materieller Not auf der Flucht.
Unter allen EU-Staaten hat Deutschland mit 680.980 Menschen die
meisten aufgenommen. Nicht viel angesichts der weltweiten
Fluchtbewegung. Aber als Signal der Hilfsbereitschaft sollte das auch
nicht verschämt kleingeredet werden.
Einen ungebremsten und unkontrollierten Zustrom von Notsuchenden
aus aller Welt können sich weder Deutschland noch die EU-Länder
insgesamt leisten. Deshalb gibt es Gesetze und Vereinbarungen, die
die Aufnahme regeln. In Deutschland tut das vor allem der
Asylrechtsparagraph 16 im Grundgesetz, innerhalb der EU gibt es zudem
gemeinsame Vereinbarungen. Die Tragödien insbesondere auf dem
Mittelmeer zeigen allerdings, dass dieses Regelwerk an tödliche
Grenzen stößt. Man könnte es lockern, was aber wohl eher einen noch
schärferen Sog in Richtung "reiches Europa" auslösen würde als dass
es das Problem löst.
Die Eindämmung der immer waghalsigeren Fluchtbewegung kann am
ehesten in Kooperation mit den nordafrikanischen Küstenländern
gelingen. Dort gilt es, mit tatkräftiger personeller wie finanzieller
Unterstützung den skrupellosen Schleuserbanden auf die Spur zu
kommen, die die Fluchtwilligen finanziell ausnehmen und deren Tod auf
überladenen Booten in Kauf nehmen. Zudem sind die EU-Länder
aufgerufen, Italien mit der Flüchtlingswelle nicht allein zu lassen.
Wozu das bewusste Brechen gesetzlicher Regeln und falsche
Solidarität führt, erlebt Berlin im Flüchtlingscamp am Oranienplatz
und in einem besetzten früheren Schulgebäude in Kreuzberg. Ein
Rechtsstaat, auch die EU, kann Gesetze ändern, muss aber zunächst für
die Respektierung der bestehenden sorgen.
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