(ots) - Opfer von Gewalt und Kriminalität durchleben vor
Gericht die Tat bei ihrer Aussage erneut. Dabei sind sie mit den
Blicken des Täters und den intensiven Fragen der Strafverteidiger
konfrontiert. All zu oft geht es nur um die reine Aussage, das Opfer
selbst dient als Beweismittel, wird im geeigneten Moment hervorgeholt
und in Frage gestellt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann es einen
Anwalt als Nebenklagevertreter hinzuziehen. Eine echte und notwendige
Hilfe. Dem Täter steht der Verteidiger bei, allzu oft ein Fachanwalt
für Strafrecht. "Auf Seiten des Opfers muss ein Fachanwalt für
Opferrecht stehen", so Roswitha Müller-Piepenkötter,
Bundesvorsitzende von 3.000 aktiven Opferhelfern im WEISSEN RING.
Nur ein solcher Fachanwalt kann Opfer von Kriminalität und Gewalt
bei der Wahrnehmung ihrer Rechte im Ermittlungs- und Strafverfahren
optimal unterstützen und auch die zentralen Fragen des sozialen
Entschädigungsrechts sowie der zivilrechtlichen Ansprüche auf
Schadensersatz und Abwehr von Beeinträchtigungen bestmöglich
durchsetzen. Der WEISSE RING, Deutschlands größte
Opferschutz-Organisation, fordert die Einführung des Fachanwalts für
Opferrecht. Eine echte Hilfe für Kriminalitätsopfer, die von der
Gesellschaft nur all zu oft vergessen werden.
"Eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine Verarbeitung der
Tatfolgen ist eine qualitativ hochwertige anwaltliche Vertretung", so
Roswitha Müller-Piepenkötter, selbst ehemalige Richterin und
Landesjustizministerin. Hierfür müssen Rechtsanwälte nicht nur die
speziellen Bedürfnisse und Probleme der Opfer und ihrer Angehörigen
nach der Tat kennen, sondern auch die relevanten juristischen Fragen
sicher beantworten können. Aus diesem Grund bietet der WEISSE RING
seit über zehn Jahren Fortbildungsveranstaltungen für Rechtsanwälte
an.
"Die vielen Rechtsanwälte, die auch heute schon Opfer von
Straftaten qualifiziert vertreten, müssen ihre fachliche Kompetenz
auch nach außen durch einen Fachanwaltstitel dokumentieren können",
macht Müller-Piepenkötter die Zielrichtung klar.
Die mehrere Rechtsgebiete - neben dem Strafrecht insbesondere
Sozialrecht und Zivilrecht - umfassende Tätigkeit eines Fachanwalts
für Opferrecht entspricht dem Anliegen des Opferschutzes, wie er auch
in mehreren EU-Richtlinien formuliert oder noch in Vorbereitung ist.
Der WEISSE RING hat ein Ausbildungskonzept für einen solchen
Fachanwalt für Opferrecht erarbeitet. Dieses basiert auf seiner
langjährigen Erfahrung und wurde durch seine mit Hochschullehrern,
Rechtsanwälten, Richtern, Staatsanwälten und Verwaltungsjuristen
besetzten Fachbeiräte Straf- und Sozialrecht entwickelt. Dabei wurde
ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass den zukünftigen
Fachanwälten ein breit gefächertes Wissen zur Verfügung steht. Für
das Fachgebiet Opferrecht sind besondere Kenntnisse in zehn Bereichen
nachzuweisen:
1) Materielles Strafrecht aus Opfersicht
2) Strafverfahrensrecht (insbesondere Rechtsstellung des
Verletzten im Strafverfahren)
3) Familienrecht (Sorge-, Umgangs-, Scheidungs- und
Scheidungsfolgerecht, Gewaltschutzgesetz)
4) Opferentschädigung
5) Weitere sozialrechtliche Leistungsträger
6) Sozialrechtliches Verfahrensrecht
7) Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche,
Unterlassungsansprüche
8) Opferanspruchssicherungsgesetz
9) Psychotraumatologie
10) Vernehmungslehre, Aussagepsychologie und
Glaubhaftigkeitsgutachten
Mit diesem Konzept möchte der WEISSE RING als Lobby der Opfer
einen Diskurs zur besseren Hilfe für Opfer von Kriminalität und
Gewalt entstehen lassen, wie ihn die bis 2015 von Deutschland noch
umzusetzende EU-Richtlinie zu Mindeststandards in der Opferhilfe
anregt. Die Einführung eines Fachanwaltes für Opferrecht ist logische
Konsequenz hieraus. Ein Regelungsentwurf wurde dem zuständigen
Gremium der Anwaltschaft, die für eine Änderung der
Fachanwaltsordnung zuständig ist, vom WEISSEN RING vorgelegt.
Der WEISSE RING hat seit 1976 mit derzeit 420 Anlaufstellen ein
bundesweites Hilfsnetz für Kriminalitätsopfer aufbauen können. Mehr
als 3.000 ehrenamtlich tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen
den Opfern und ihren Familien mit Rat und Tat zur Seite, leisten
menschlichen Beistand und persönliche Betreuung, geben Hilfestellung
im Umgang mit den Behörden und helfen den Geschädigten auf
vielfältige Weise bei der Bewältigung der Tatfolgen. Das
Opfer-Telefon ist jeden Tag von 7 bis 22 Uhr unter 116 006
erreichbar. Weitere Informationen finden Sie unter
www.weisser-ring.de.
Pressekontakt:
WEISSER RING e. V.
Pressstelle
Veit Schiemann
Tel: 06131 8303-38
Fax: 06131 8303-60
Weberstraße 16
55130 Mainz
Internet: www.weisser-ring.de
E-Mail: presse(at)weisser-ring.de