(ots) - Der Papst hat sich aus einer Zwickmühle
befreit. Von den zwei naheliegenden Optionen, die Franziskus hatte,
wählte er keine. Weder hat der Papst aus Argentinien den Limburger
Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst (53) seines Amtes enthoben. Noch
hat er dem bei den Gläubigen in Deutschland und besonders im Bistum
Limburg unhaltbar gewordenen Mann sein Vertrauen ausgesprochen. Eine
Prüfungskommission klärt seit Freitag die Vorwürfe im Zusammenhang
mit den hohen Baukosten des neuen Bischofssitzes. Solange wird der
Bischof aus der Schusslinie genommen. Erst dann wird Tacheles
geredet. So hat es Franziskus (77) entschieden. Dem Betroffenen
selbst wird er diesen Entschluss bei der Audienz am Montag schon
angedeutet haben. Jetzt versuchen die verschiedenen Lager, die
Deutungshoheit über das päpstliche Spiel auf Zeit zu behaupten. Aus
der Umgebung von Tebartz-van Elst verlautet, die Entscheidung des
Papstes sei eine gute Nachricht für den Bischof. Das trifft insofern
zu, als Tebartz-van Elst weiter Bischof von Limburg bleibt, aber eine
unbestimmte Zeit diese Tätigkeit nicht ausüben darf. Angesichts der
öffentlichen Empörung in Deutschland ist diese Entscheidung aber auch
ein Risiko. Denn ob der Papst seine bisher erworbene Glaubwürdigkeit
wirklich verdient, entscheidet sich für viele Menschen vor allem am
Fall Limburg. Franziskus fordert eine "arme Kirche für die Armen". Er
predigt täglich Bescheidenheit und Konzentration auf das Wesentliche.
Unabhängig davon, ob Tebartz-van Elst gelogen hat oder nicht, steht
sein Verhalten in krassem Gegensatz zum neuen Stil im Vatikan. Der
Papst will ausdrücklich, dass die Hirten den Geruch ihrer Herde
verströmen. Bis nach Rom ist durchgedrungen, dass Tebartz-van Elst in
der Auffassung der meisten Beobachter in und um Limburg viel eher
nach Schwefel riecht. Will der Papst sich also nicht selbst
widersprechen, darf es für Tebartz-van Elst kein Zurück nach Limburg
geben. Fällt die definitive Entscheidung anders aus, würde Franziskus
das Anliegen der Gläubigen nach einem Neuanfang mit Füßen treten.
Auch der Papst hätte dann seinen Kredit verspielt. Das weiß
Franziskus. Er riskiert einiges, wenn er die Lösung des Falls nun
aufschiebt. Aber es entspricht auch seinem bisherigen Profil, sich
nicht dem Urteil der Masse hinzugeben. Als Jesuit hört er sich alle
Seiten an, wartet auch das Urteil der Kommission ab. Dann entscheidet
er. Franziskus weiß, dass Tebartz-van Elst auch in einigen Monaten
nicht weniger umstritten sein wird in Limburg. Aber die Zeit, die
vergeht, bis die Prüfungskommission ihr Ergebnis vorlegt, kann in Rom
auch dafür genutzt werden, eine definitive Lösung für Tebartz-van
Elst zu finden und vielleicht sogar beim Betroffenen selbst einen
Prozess der Besinnung in Gang zu bringen. Die Rede ist von einer
Tätigkeit an der Kurie oder im Ausland. Franziskus tut gut daran,
wenn er den Bericht der Untersuchungskommission abwartet. Bedenklich
istg allerdings das Vorgehen der deutschen Bischofskonferenz. Weder
wurde ein konkreter Zeitrahmen in Aussicht gestellt. Noch ist
bekannt, wer die Mitglieder der Kommission sind, die die Finanzen und
Entscheidungsvorgänge in Limburg überprüfen soll. Vertrauen kann die
Kirche unter den Gläubigen mit so wenig Transparenz nicht wieder
gewinnen. Schließlich ist auch die juristische Dimension der Affäre
von enormer Bedeutung. Der Papst, der sich bisher gerade im Hinblick
auf die Öffentlichkeit sehr geschickt verhalten hat, muss auch den
Entscheidungen der Staatsanwaltschaft in Deutschland Rechnung tragen.
Wird dem Antrag auf Strafbefehl stattgegeben, ist Tebartz-van Elst
der erste vorbestrafte Bischof in Deutschland überhaupt. Rom könnte
nicht weiter an ihm festhalten, ohne sich lächerlich zu machen.
Franziskus belässt Tebartz-van Elst auf Bewährung im Amt. Für die
Gläubigen ist der Fall inzwischen eine Bewährungsprobe für den Papst.
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