RWE AG plant neue Modelle einer Partnerschaft mit Finanzinvestoren: strategische Planung 2013/2014
(firmenpresse) - Analysten aus dem Ressort Energiewirtschaften kommen derzeit nicht umhin, sich der Situation beim zweitgrößten deutschen Energiekonzern, RWE AG, anzunehmen. Das Konzernmanagement um CEO Peter Terium gibt bekannt: „Die Erträge reichen nicht, um unsere Schulden zu bedienen. Um es klar zu sagen: eine gefährliche Situation“, so der Vorstand des Energiekonzerns RWE. Bereits die vergangene Hauptversammlung 2013 des Konzerns verlief turbulent: Zwar bilanziert die RWE AG (bis 1990 Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk AG) mit Hauptsitz in Essen mit einer Bilanzsumme von 88.202 Mio. EUR bei einem Umsatz von 53.227 Mio. EUR sowie einem Gewinn von 1.704 Mio. EUR (Stand: 31. Dezember 2012).
Das erste, heikle Thema: die Dividende; diese wurde ausgezahlt und deren Höhe vom Aktienkurs abgezogen. In der Folge zeigten die RWE-Papiere ein deutliches Minus (etwa 7 %) – jedoch antizyklisch zum Marktverlauf und Gesamtmarktniveau, sehr zum Ärger von Investoren und Anlegern.
Verlustursache: der Dividendenabschlag. „Dieser Abschlag trifft die Aktie in einer sehr ungünstigen Situation“, konstatieren Branchenkenner wie Marktbeobachter gleichermaßen. Die Größenordnung des Dividendenabschlages: jeweils 2 EUR. CEO Peter Terium kommentiert wie folgt: „Die 2 Euro resultierten angelehnt an unsere Ausschüttungspolitik, die sich an unserem nachhaltigen Nettoergebnis orientiert. Wir sehen zurzeit keinen Grund, das zu ändern“, kommentiert der Vorstandsvorsitzende und leitete damit zum Reizthema Nr. 2 über: das Zukunftsmanagement!
Unter dem neuen Vorstandsvorsitzenden Peter Terium will der RWE-Konzern eine Kehrtwende in der Unternehmensstrategie umsetzen. Die bisherige, strategischen Planung und Früherkennung des RWE-Konzerns kam mit der Energiewende in Deutschland erheblich ins Schlingern. CEO Großmann, der sein Konzept „Pro Kernenergie“ nie aufgegeben hatte, machte den Weg für Peter Terium frei. Von Terium wurde erwartet, eine Zukunftsstrategie für den RWE-Konzern zu entwickeln. Aus finanziellen Gründen wurde ad hoc beschlossen, nicht nur in Deutschland, sondern auch international aus der Kernenergie auszusteigen und somit sich an keinen weiteren Neubauprojekten von Kernkraftwerken zu beteiligen. RWE ist aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus auch aus Kernkraftprojekten in Großbritannien ausgestiegen. Stattdessen sollen nun verstärkt die lange Zeit bekämpften Erneuerbaren Energien ausgebaut werden.
Zukunftsvisionen wurden zwar angedacht, darunter Projekte mit Solarenergie, die aber noch Zukunftsmusik im RWE-Konzern sind: es soll beispielsweise ein Projekt in Marokko realisiert werden (Desertec), in der Zukunft sollen auch in Deutschland Solarkraftwerke (Photovoltaik-Kraftwerke) errichtet werden. Terium räumte ein, es sei "aus heutiger Sicht" ein Fehler gewesen, „dass wir die Solar-Technik lange komplett abgelehnt haben.“
Tagesrealität – und damit Problem Nr. 3 – bei RWE sind die Geschäfte mit konventionellen Energien, insbesondere der Kohleverstromung. RWE steht weiterhin im Zentrum der Kritiken, an den konventionellen Energien, insbesondere der Kohle, festzuhalten und die Erneuerbaren Energien nicht ausreichend zu fördern. RWE sei der größte CO2-Produzent Europas, der Anteil Erneuerbarer Energien am Strom-Mix sei im Vergleich zu anderen Stromversorgern jedoch nur unterdurchschnittlich (nach eigenen Angaben von RWE nur 2 % 2007 und 2,4 % 2008).
Im Zusammenhang mit dem geringen Anteil Erneuerbarer Energien wird dem RWE-Konzern ein sogenanntes "Greenwashing" vorgeworfen. RWE täusche in der Werbung und in Image-Kampagnen falsche Tatsachen vor und wolle den falschen Eindruck erwecken, besonders bei den regenerativen Energien und im Klimaschutz engagiert zu sein. Im Zusammenhang mit den Großtagebauen im Rheinischen Braunkohlerevier steht RWE Power in der Kritik, verantwortlich für die Absenkung des Grundwassers in der Region und für Bergschäden an verschiedenen Kulturdenkmälern wie z. B. Schloss Türnich zu sein. Weiterhin wird die Zerstörung von Ortschaften und Natur durch das Abbaggern kritisiert. Gleichzeitig beziehe RWE für die stillgelegten Flächen der Tagebaue in großem Umfang Agrarsubventionen (aus dem EU-Agrarfonds).
Aber selbst wenn die Unterstützung seitens der meisten Aktionäre für die Kohlekraftwerke offenbar besteht, der hohe CO2-Ausstoß - der im vergangenen Jahr sogar noch gestiegen ist auf 161 Millionen Tonnen - könnte dem Konzern schon bald zum Verhängnis werden, kommentieren Branchenkenner und Presseagenturen. Ab diesem Jahr – 2013 – muss der RWE-Konzern Emissionszertifikate zukaufen, die Europäische Union erwägt sogar, die Preise für diese Zertifikate durch einen Eingriff künstlich zu verteuern. In der Folge dürfte dieser Umsatz zusätzlich, erheblich auf die Bilanz drücken. Bereits in diesem Jahr werde der Konzern durch den Zukauf der CO2-Zertifikate mit einer Milliarde Euro belastet, musste der Finanzvorstand Günther im Rahmen der Hauptversammlung einräumen. Dies ist sicherlich keine gute Prognose.
Reizthema Nr. 4: Der Vorsitz im Aufsichtsrat, Hans-Peter Keitel. Der ehemaligen BDI-Präsident Keitel wurde auf der Hauptversammlung zwar allen Bedenken zum Trotz durchgewählt (mit 96 % Ja-Stimmen). Die Personalie Keitel ist vor allem deshalb ein Thema, weil dieser bereits Mitglied in sieben Aufsichtsräten ist – darunter beim Stahlkonzern Thyssen-Krupp.
Eine klare Position bezog – stellvertretend für viele – Portfoliomanager Speich von Union Investment: „Herr Keitel, Sie können aus unserer Sicht eine verantwortungsvolle Kontrollfunktion bei RWE nicht wahrnehmen!“
Mit Problem Nr. 5 steht der RWE-Konzern allerdings bundesweit nicht allein: Kritiker monieren, dass RWE und die anderen Betreiber der 4 Regelzonen des deutschen Stromnetzes ihre marktbeherrschende Stellung ausnutzen, um stark überhöhte Preise und damit dem Risiko unangemessen hohe Renditen zu erzielen. Weil der Netzbetrieb ohne jedes unternehmerisches Risiko ist, hält der Kartellwächter Böge eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals knapp über dem Niveau von Bundesschatzbriefen für angemessen. Diese Forderung wird durch die ausnahmslos niedrigeren Netzentgelte aller anderen EU-Staaten gestützt. Die EU-Kommission hat mehrfach gefordert, Netzbetrieb und Stromerzeugung wirtschaftlich zu entflechten und hat dabei auch die zwangsweise Zerschlagung der großen Energieversorgungsunternehmen nicht ausgeschlossen. Für ein gutes Zukunftsmanagement sind dies keine guten Vorzeichen.
Die "Westdeutsche Allgemeine" fast zutreffend zusammen: „Dabei sind die Probleme(Dividende; Zukunftsmanagement und Strategie, Kohleverstromung, Personalie Keitel, marktbeherrschende Netze) gewaltig. Die Kraftwerke stammen fast allesamt aus den Jahren vor der Energiewende. Der Anteil renditestarker Ökostrom-Anlagen ist vergleichsweise gering. RWE profitiert weniger als mancher Konkurrent von den hohen Strompreisen, die Deutschlands Verbraucher zahlen müssen. Hinzu kommen Kosten für den Abriss von Kernkraftwerken und die Suche nach einem Atommüll-Endlager. Geld soll das Tafelsilber bringen: Der Verkauf der Ölfördertochter Dea und der Ausstieg aus dem Pipeline-Projekt). Klar ist: RWE benötigt nicht nur Geld, sondern auch Zeit für den tiefgreifenden Konzernumbau. Bleibt zu hoffen, dass nicht nur Aktionäre und Beschäftigte vom Neustart profitieren, sondern auch Umwelt und Verbraucher.“
Auf „Hoffnungen“ setzen die Analysten bei den Banken weniger, die Prognose für die Entwicklung der RWE-Aktie fällt eher verhalten – wenn nicht sogar schlecht aus:
•Credit Suisse Analysten bestätigen die Verkaufsempfehlung für die Aktien von RWE. Ein Kursziel wird nicht genannt. 2013 erwartet der Konzern einen Gewinn von 2,5 Milliarden Euro, das liegt auf Höhe der Vorjahresdaten. In den kommenden Jahren wird der Gewinn unter Druck geraten. Die Strompreise in Europa sinken, das belastet die Profitabilität. Somit ist der Gewinnausblick schwach.
•BNP Paribas hat die Einstufung für RWE nach Entscheidungen des EU-Parlaments zum Emissionsrechtehandel auf "Neutral" mit einem Kursziel von 32,00 Euro belassen.
•Die britische Investmentbank Barclays hat das Kursziel von 27,40 auf 23,30 Euro abgesenkt und die Einstufung auf "Underweight" belassen. Der Markt überbewerte die "schlechten" Vermögenswerte und unterschätze gleichzeitig das signifikante Gewinnrisiko des Energiekonzerns.
•NordLB hat die Einstufung für RWE auf "Halten" belassen. Grundsätzlich hätten die deutschen Versorger den richtigen Weg eingeschlagen, die Energiewende in Form eines neuen Geschäftsmodells umzusetzen.
•Das Analysehaus Independent Research hat die Einstufung für RWE nach einem Beteiligungsverkauf auf "Halten" mit einem Kursziel von 30,00 Euro belassen – und nach dem Verkauf eines Gasnetzbetreibers in Tschechien die Prognose des diesjährigen Gewinns je Aktie leicht angehoben.
•Die Schweizer Großbank UBS urteilt konsequent: „keine gute Wahl“, daran dürfte sich nichts ändern, meinen die Analysten der UBS und sehen auch weiterhin reichlich Abwärtspotenzial bei dem DAX-Mitglied.
Die Nachrichtenagentur Reuters vermeldet heute, 29.10.2013: Germany's No.2 utility, is looking for new ways to boost its renewable power business, including partnerships with investors, according to an internal document seen by Reuters on Tuesday. RWE plans to "develop new partnership models with financial investors" to fund renewable projects, according to the document.
Die RWE AG hat ihren Unternehmenssitz in Essen und fungiert als Holdinggesellschaft der RWE Gruppe, die unter den Energieversorgern in Europa an führender Position rangiert. Von den Geschäfts- und Firmenwerten ist nur ein Teil in Deutschland verankert, die Mehrheit des Unternehmens ist über Niederlande, Belgien und Großbritannien, aber auch in Zentralost- und Südosteuropa verteilt. Rund 90% des bilanzierten Anlagekapitals in Deutschland ist in Vertriebs- und Verteil-Netzen gebunden.
Fazit: das RWE-Management wird noch viel Ăśberzeugungsarbeit leisten mĂĽssen.
Sandro Valecchi, Analyst
A + U
management consultancy
D-10555 Berlin (Germany)
Valecchi_2004(at)yahoo.ca
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