PresseKat - Loewe AG und Loewe Opta GmbH: Risiken einer Sanierung in Eigenverwaltung

Loewe AG und Loewe Opta GmbH: Risiken einer Sanierung in Eigenverwaltung

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Loewe AG und Loewe Opta GmbH: Risiken einer Sanierung in Eigenverwaltung

(firmenpresse) - In einer Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG gab das Management der Loewe AG (Kronach) mit Wirkung zum 01. Oktober 2013 bekannt, dass im Hinblick auf die (alle) bislang versuchten Maßnahmen der Rettung des Konzerns unter Bemühung der Insolvenzordnung seine Sanierung des Unternehmens in Eigenverwaltung versucht wird, um die Abwicklung zu verhindern. Das Unternehmen mit Spezialisierung auf Premium-Segment im Bereich TV und Audio-Geräte ist dem anhaltend harten Preiskampf der Branche ausgesetzt. Der Umsatz fiel binnen 5 Jahren von 374 Mio. Euro auf 250 Millionen Euro. Im vergangenen Geschäftsjahr hat der Konzern einen Verlust vor Zinsen und Steuern in Höhe von knapp 30 Millionen Euro ausweisen müssen; diese dramatische Situation konnte auch nicht mehr durch Freisetzung eines Teils der Beschäftigten aufgefangen werden. Seit 17. Juli 2013 steht Loewe AG unter Gläubigerschutz.

Das Schutzschirmverfahren wurde für die Loewe AG sowie die Loewe Opta GmbH beantragt und ist nahtlos in ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung übergegangen. Das Insolvenzgericht Coburg hat einem entsprechenden Antrag des Managements zugestimmt und die Eigenverwaltung bestätigt.
Damit wurde der Weg freigemacht, den Geschäftsbetrieb über den 1. Oktober 2013 hinaus und in vollem Umfang fortzuführen. Überdies soll der vom Vorstand eingeleitete Sanierungsprozess, der sich im Wesentlichen auf den Abschluss der Investorengespräche konzentriert, fortgesetzt werden.
Zwar besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Durchführung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung; die Praxis zeigt allerdings, dass dieser Variante des sog. verwalterlosen Verfahrens nur selten der Erfolg beschieden ist. Rechtsgrundlage hierfür ist § 270 InsO.

Verwalterloses Verfahren:
Bei der Eigenverwaltung spricht man von einem so genannten verwalterlosen Verfahren. Das heißt, dass Sie selber sämtliche Aufgaben des Insolvenzverwalters übernehmen, und wie er dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung verpflichtet sind. Dem Eigenverwalter stehen einige der Sonderrechte des Insolvenzverwalters zu (z.B. verkürzte Kündigungsfristen). Die Eigenverwaltung muss vom Schuldner zusammen mit dem Insolvenzantrag beim zuständigen Insolvenzgericht beantragt werden oder aber der Gläubiger eines Fremdantrages muss dem Antrag des Schuldners zustimmen.





Dem Insolvenzgericht steht es frei hierbei die vorliegenden Unterlagen zu prüfen und – oder – den Schuldner anzuhören. So versucht das Gericht zu einer Einschätzung darüber zu kommen, ob Sie als Antragsteller, kaufmännisch und persönlich in der Lage sind, das Unternehmen in dieser Situation zu leiten. Betrachtet werden hierzu in der Regel auch Ihr bisheriges Verhalten gegenüber den Gläubigern, die Höhe der Verbindlichkeiten und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens (sind z.B. Aufträge vorhanden). Ein durch den Antragsteller ausgearbeitetes Sanierungskonzept kann die Entscheidung des Gerichts positiv beeinflussen. Mehrheitlich gilt es Bedenken auszuräumen, der Schuldner wolle nur sich selbst sanieren.

Vorläufige Entscheidung:
Ordnet das Gericht die Eigenverwaltung an, ist dies allerdings eine vorläufige Entscheidung, die noch von der Gläubigerversammlung bestätigt oder abgelehnt werden muss. Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts für oder gegen die Eigenverwaltung können Sie nicht einlegen (§ 6 InsO). Jedoch kann die erste Gläubigerversammlung, mit Zustimmung des Schuldners, die Eigenverwaltung beantragen, die dann vom Insolvenzgericht angeordnet werden muss (§ 271 InsO).

Sachwalter:
Dem Eigenverwalter wird ein sogenannter Sachwalter, das ist eine Person, die in anderen Verfahren als Insolvenzverwalter eingesetzt wird, zur Seite gestellt. Dieser ist ausschließlich für die Überwachung der Geschäftsführung, (auch die Ausgaben für die private Lebensführung), der Anzeige der Massenunzulänglichkeit, der Aufstellung eines Insolvenzplans, oder der Anmeldung von Insolvenzforderungen zuständig. Außergewöhnliche Geschäfte und Verbindlichkeiten darf der Eigenverwalter nur nach Zustimmung des Sachwalters eingehen. Wesentliche Verstöße muss der Sachwalter sofort den Gläubigern und dem Insolvenzgericht mitteilen.

Risiken für die Gläubiger:
Eine Beschlagnahme der Insolvenzmasse durch einen Insolvenzverwalter zum Schutz der Gläubiger erfolgt nicht. Daraus resultieren Risiken für die Gläubiger, weil der verfügungsberechtigte Schuldner irreversible Schäden anrichten kann.

Vorteile für die Gläubiger:
Geringere Verfahrenskosten, daher höhere Quote.

Vorteile für den Schuldner:
Niedrigere Kosten; durch die Sonderrechte im Insolvenzverfahren außergewöhnlicher Handlungsfreiraum für Sanierungspläne, d. h. aktive Mitarbeit, Erfahrungen werden genutzt, Einarbeitungszeiten des Insolvenzverwalterteams entfallen.

Zielstellung erfolgreiche Unternehmenssanierung:

Eine Eigenverwaltung in der Insolvenz kann die Möglichkeit sein, das eigene, ins straucheln geratene Unternehmen erfolgreich zu sanieren. Dadurch kann das Management an Bord bleiben und muss die Geschäfte nicht an einen Insolvenzverwalter abgeben. Dem Vorstand der Loewe AG wird damit ein zeitlicher Aufschub gewährt, um einen Kapitalgeber oder Käufer für das Unternehmen zu gewinnen.
Und genau dies ist die zentrale Schwachstelle solcher ambivalenter Verfahren: Weshalb sollte einem Vorstand ein weiterer zeitlicher Aufschub gewährt werden, wenn dieses Unternehmen bereits seit vielen Monaten erfolglos einen Kapitalgeber oder Käufer gesucht hatte?

Ein Sanierungskonzept, welches sich dieses Begriffs würdig erweist, fehlte. Es gab vielmehr Fragmente eines Sanierungsversuchs (mit mehreren Anläufen). Vorstandschef Matthias Harsch hoffte bislang, einen Käufer für Loewe finden zu können und erklärte „sehr zuversichtlich“ zu sein. Aber Sanierungskonzepte sind sehr komplexe und aufwendige Vorhaben. Hier ein Beispiel der Anforderungsvoraussetzungen:

•Beschreibung des Unternehmens: In folgenden Bereichen sollten die Daten bei der Zusammenstellung berücksichtigt werden: bisherige Unternehmensentwicklung, rechtliche, finanzwirtschaftliche, leistungsorientierte Verhältnisse und organisatorische Grundlagen. Dabei sind alle genannten Bereiche zu berücksichtigen; innerhalb der Bereiche können im Einzelfall Streichungen oder Ergänzungen notwendig werden. Dabei ist die Vollständigkeit der Informationen eine Grundvoraussetzung dafür, dass ein Dritter das Sanierungskonzept nachvollziehen kann.

•Analyse des Unternehmens (Wichtig): Es kommen verschiedene Methoden zur Ermittlung qualitativer Daten in Betracht; hierzu kann auch die persönliche Einbeziehung der Unternehmensbeteiligten erforderlich sein. Bei der Ermittlung der Daten soll erreicht werden, dass Zufälligkeiten, persönliche Vorurteile usw. nicht das Analyseergebnis beeinträchtigen. Wird im Rahmen der Unternehmensanalyse die Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung festgestellt, muss darauf aufmerksam gemacht werden. Die Analyse umfasst neben der Lagebeurteilung die Analyse der Krisenursachen. Beide unterscheiden sich sowohl in der Zielrichtung als auch hinsichtlich der in Betracht kommenden Verfahren.


•Analyse der Krisenursachen (Wichtig): Auf der Grundlage der Unternehmensbeschreibung und einer ersten vorläufigen Beurteilung des Unternehmens werden Vermutungen darüber angestellt, durch welche Ursachen die Unternehmenskrise entstanden ist. Durch Eingrenzung der vermuteten Bereiche kann eine systematische Ursachenanalyse durchgeführt werden, die fortlaufend den gewonnenen Erkenntnissen anzupassen ist.

•Beurteilung der Lage (Wichtig): Durch die Lagebeurteilung werden sowohl die Stärken als auch die Schwächen des Unternehmens ermittelt. Dabei ist besonders herauszustellen, welche Chancen und Risiken sich hieraus ergeben. Die Lagebeurteilung umfasst folgende Bereiche: Analyse der globalen Umwelt; Analyse der Aufgabenumwelt; Analyse der unternehmensinternen Faktoren.

•Leitbild des sanierten Unternehmens: Das Sanierungskonzept hat eine Darstellung des Leitbilds des Unternehmens nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen zu enthalten. Dabei sind vor allem die Vorgehensweise und Potenziale zu skizzieren, die dem Unternehmen Wettbewerbsfähigkeit verleihen und ihm damit die Möglichkeit eröffnen, nachhaltige Einnahmeüberschüsse zu erwirtschaften und das finanzielle Gleichgewicht zu sichern.

•Maßnahmen zur Sanierung des Unternehmens: Die Sanierungsmaßnahmen zeigen, auf welchem Weg das Unternehmen das zuvor skizzierte Leitbild erreichen soll. Hier werden die einzelnen Maßnahmen in ihrem Zusammenhang beschrieben und hinsichtlich ihrer beabsichtigen Auswirkungen verdeutlicht.

•Planverprobungsrechnung: Die Planverprobungsrechnung ist die rechnerische Verprobung des geplanten Sanierungsablaufes. Sie soll die Finanzierbarkeit des Sanierungskonzeptes nachweisen, die dem Konzept innewohnenden Risiken aufzeigen und einen Vergleich zwischen der Situation bei Umsetzung bzw. Unterlassung des Sanierungskonzeptes ermöglichen. Wesentlicher Bestandteil der Planverprobungsrechnung ist die Erstellung von Planbilanzen, Plangewinn- und -verlustrechnungen sowie eines Liquiditätsplans. Der Zeithorizont beträgt dabei regelmäßig 4 bis 5 Jahre.

Wenig Hoffnung:
Wenn sich also der Vorstand der Loewe AG und die Loewe Opta GmbH in den letzten Monaten nicht mit einem erfolgversprechenden Sanierungskonzept – trotz Kenntnis des Branchen- und Wettbewerbsdruck sowie der gravierenden Verwerfungen dieser Branche – hat profilieren können (und der Turnaround offensichtlich verpasst wurde), stellen sich viele Analysten die Frage, weshalb das Insolvenzgericht das Management der Loewe AG mit der Vermögensverfügungsbefugnis privilegiert. Nicht wenige Marktbobachter meinen, das Management der Loewe AG habe sich in der Vergangenheit nicht hinreichend um ein ernsthaftes Sanierungskonzept bemüht und damit die Legitimität für ein Verfahren in Eigenverwaltung verspielt; in der Konsequenz hätte das Gericht den Antrag eines verwalterloses Verfahren ablehnen müssen und stattdessen (ggfs. im Wege einer ergänzenden Rechtsauslegung)das Regelinsolvenzverfahren zulassen sollen.

Denn ohne Substanz eines ernsthaften Sanierungskonzeptes ist das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zum Scheitern verurteilt. Weitere rechtliche Bedenken bestehen im Widerspruch zum Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz (§ 1 InsO).

Zu Recht ist die Justiz mit solchen Verfahren bislang sehr zurückhaltend gewesen; seit 2007 wurden bundesweit lediglich etwa 300 Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung genehmigt. Fälle der versuchten Sanierung in Eigenverwaltung waren z. B. die (Leo) Kirch Media GmbH & Co. KGaA und Ihr Platz Drogerie GmbH & Co. KG. Die Aktien, bereits in den vergangenen Monaten stark an Wert verloren hatten, brachen zeitweise um mehr als 40 % auf 2,05 Euro ein. Aktuell wird das Papier mit 2,25 Euro gehandelt.
Sandro Valecchi, Analyst


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Bereitgestellt von Benutzer: Sandro Valecchi
Datum: 31.10.2013 - 13:38 Uhr
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