(ots) - Das nennt man denn wohl eine Erpressung. Von der EU
plötzlich 20 Milliarden Euro Finanzhilfe als Voraussetzung für die
Unterzeichnung eines Handelsabkommens zu verlangen ist dreist und
zudem politisch durchschaubar. Erst vor ein paar Tagen hat der
ukrainische Staatspräsident Viktor Janukowitsch das bereits
ausgehandelte Assoziierungsabkommen mit der EU plötzlich verworfen,
weil Moskau ihn dazu genötigt hatte. Aber es war nicht allein der
Druck Putins, der den Präsidenten veranlasste, die europäischen
Regierungschefs vor den Kopf zu stoßen. Janukowitsch wie der Osten
der Ukraine mit seiner Schwer- und Kohleindustrie fühlt sich Russland
enger verbunden als Europa.
Das ist keine neue Entwicklung. Aber diese Provokation hat die
Befürchtungen der Opposition bestätigt, dass Janukowitsch anders als
der westliche Teil der Ukraine gar kein Interesse mehr hat an einer
Annäherung an die EU und damit an wirtschaftlichen und demokratischen
Reformen - letztlich an der Emanzipation von Putin. Der will die
Ukraine weiter an sich binden, weil er die Ex-Sowjetrepublik als
wichtigen Baustein für seinen Plan einer Konkurrenz-Wirtschaftszone
von Wladiwostok bis an die Grenze der EU braucht.
Vor diesem Hintergrund protestieren die prowestlichen Kräfte der
Ukraine. Sie fürchten, vom freien Europa abgehängt und in ein neues
autoritäres Regime zurückgeführt zu werden. Ihre Demonstration mitten
in der Hauptstadt Kiew ist so machtvoll, dass es der Präsident
bislang nicht wagte, sie brutal niederschlagen zu lassen. Der
latenten Peitsche folgte jetzt das Zuckerbrot. Wenn die EU mal eben
die 20 Milliarden Euro überweise, würde man mit der EU doch noch
handelseinig. Natürlich weiß Janukowitsch, dass Brüssel so nicht
zahlen wird und Hilfe von Reformen abhängig macht. Seinen Gegnern
will er damit suggerieren, er würde sich ja gern nach Europa wenden.
Aber solange keine Milliarden fließen, bleibe die Ukraine auf Hilfe
und Kooperation mit Russland angewiesen.
Ein zu durchsichtiger Entlastungsversuch, auf den die
vielschichtige Opposition nicht hereinfällt. Die verfolgt inhaltlich
zwar unterschiedliche Ziele und ist kein Ausbund lupenreiner
Demokraten. Aber sie sucht, dem Vorbild Polens folgend, den Weg nach
Westen. Dieses Ringen um die Zukunft der Ukraine muss demokratisch,
darf nicht gewaltsam entschieden werden.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd(at)axelspringer.de