(ots) - Mehr als 1000 Unterschriften, dazu eine geplante
T-Shirt-Aktion - die Offenheit, mit der sich einige
Amazon-Mitarbeiter im aktuellen Tarifstreit auf die Seite ihres
Arbeitgebers stellen, ist außergewöhnlich. Schließlich wurde in den
vergangenen Wochen ein ganz anderes Bild von der angeblichen
Stimmungslage und den Arbeitsbedingungen beim US-Versandriesen
gezeichnet: schlechte Bezahlung, ständiger Stress, etliche
Überstunden. Nun aber ärgern sich viele Mitarbeiter ganz offen über
die "negative Darstellung" ihrer Arbeitsbedingungen durch die
Gewerkschaft Verdi. Der unerwartete Sympathie-Anfall gegenüber Amazon
könnte allerdings auch nur vorgeschoben sein. Möglich ist, dass die
Unterschriften-Aktion Ausdruck von Existenzangst ist. Die Forderungen
nach einem besseren Gehalt, der Streik in der Vorweihnachtszeit und
die anhaltenden Streikdrohungen vonseiten Verdis - das alles ist Sand
im Getriebe des Versand-Unternehmens. Nicht ohne Grund hat der
Konzern in seiner prominent verkauften PR-Aktion mit der Paketdrohne
schon aufblitzen lassen, dass es zukünftig durchaus auch ohne teure
Mitarbeiter ginge. Die Furcht davor, wenn nicht gleich von einer
Drohne, so aber irgendwann durch billige Leiharbeiter ersetzt zu
werden, ist bei der Belegschaft sicher vorhanden. Vorstellbar, dass
die Angestellten vor ihrer Aktion - wie von Verdi umgehend vermutet -
vielleicht sogar von der Unternehmensführung unter Druck gesetzt
wurden. Und doch ist die Aktion ein herber Schlag für Verdi. In ihrem
Bemühen, eine bessere Bezahlung zu erstreiten, ist die Gewerkschaft
bei vollem Tempo ausgebremst worden. Dass ihr ausgerechnet die
Angestellten in den Rücken fallen, damit konnte man nicht rechnen.
Bei der großen Zahl an Unterschriften ist darüber hinaus denkbar,
dass sich sogar Gewerkschaftsmitglieder an der Unterschriftenaktion
beteiligt haben könnten. Die Aktion dürfte fatale Folgen auf die
Verhandlungsposition Verdis haben - nicht nur im aktuellen Streit,
sondern auch bei zukünftigen Verhandlungen über bessere
Arbeitsbedingungen. Die Sympathie-Bekundung der Mitarbeiter ist in
jedem Fall schon mal ein Punktsieg für Amazon im anhaltenden
Tarifkonflikt.
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