Pünktlich zum Weihnachtsfest versandte eine einschlägig bekannte Kanzlei zehntausende Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen.
Der rechtlich äußerst umstrittene Vorwurf: illegal gestreamte Filme.
Doch letztlich ist die Rechtslage mehr als umstritten und auch die Staatsanwaltschaft soll nun ermitteln.
(firmenpresse) - Plötzlich war das Internet voll von Meldungen, dass zum ersten Mal eine Abmahnwelle wegen Streamings erfolgt. Dass dies überhaupt möglich ist, ist eine kleine Sensation.
Doch worum geht es beim Thema Streaming überhaupt und worin liegen die Unterschiede zum Filesharing?
Bisher waren die so in Verruf geratenen Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen in der Regel auf Tauschbörsen, wie z. B. limewire zurückzuführen. In diesen Peer-To-Peer (p2p) Netzwerken konnte man von anderen Privatrechnern Musik oder Filme herunterladen. Gleichzeitig wurde jedoch eine Software installiert, die meist ohne Wissen der User auch (rechtswidrige) Dateien von dem PC hochgeladen hat und diese dann im Internet „öffentlich zugänglich gemacht wurden“ gem. § 19 a UrhG. Rechtlich entscheidend war, dass auch immer eine Datei zur Verfügung gestellt, nämlich hochgeladen und veröffentlicht,wurde. Die Abmahnungen richteten sich stets an die Personen, die diese Dateien hochgeladen hatten.
Obwohl also immer von illegalen Downloads die Rede war, ging es rechtlich um illegale Uploads. Im Bereich der p2p-Netzwerke waren Upload und Download aber schwer auseinander zu halten, weil unter bestimmen Voraussetzungen eine Datei schon während dem Download wieder anderen zur Verfügung gestellt wurde.
Hier lag stets ein klarer Urheberrechtsverstoß vor. Denn nur der Urheber oder der Inhaber einer Lizenz dürfen ein Werk vervielfältigen bzw. öffentlich zugänglich machen (§19a UrhG). Auch ein Download konnte als Urheberrechtsverstoß gewertet werden, wenn für die eigentlich rechtlich zulässige Privatkopie eine offensichtlich rechtswidrige Vorlage verwendet wurde.
Streaming unterscheidet sich hiervon in ganz erheblicher Weise. Das Prinzip ist jedem von der Videoplattform Youtube bekannt. Man besucht eine Seite mit einem medialen Inhalt und der wird dann im Browser wiedergegeben. Auf der Festplatte wird in der Regel nichts dauerhaft gespeichert. Es werden lediglich im Bowsercache die erforderlichen Datensätze zwischengespeichert. Das bedeutet, dass man ohne eine echte Kopie zu fertigen in den Genuss eines urheberrechtlich geschützten Werkes kommt.
Entscheidende rechtliche Frage ist, ob hier eine zulässige Privatkopie eines Werkes von einem nicht offensichtlich rechtswidrigen Quellmaterial stattgefunden hat. Hier lässt sich zum einen über die Frage streiten, ob das zeitweilige Zwischenspeichern einer Datei überhaupt eine Vervielfältigung ist. Zum anderen stellt sich die Frage, ob der Nutzer wissen musste, dass das Video offensichtlich rechtswidrig hochgeladen wurde.
Gerade bei Portalen wie YouTube oder RedTube werden Videos von zum Teil pseudonymen Personen zur Verfügung gestellt, sodass nicht ersichtlich ist, ob der Upload auf die Plattform rechtswidrig war oder nicht.
Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage existiert nicht.
Dies hat auch einen Grund. Während bei den klassischen Tauschbörsen zum einen die Rechtslage nach Urheberrecht eindeutig war, war auch die Ermittlung des Verantwortlichen einfacher.Dies geschah in der Regel mit der Ermittlung der IP-Adressen mit Hilfe eines Gerichtsbeschlusses auf Grundlage des Auskunftsanspruches aus § 101 UrhG.
Auch bei der RedTube-Abmahnwelle wurde ein solcher Auskunftsanspruch geltend gemacht. Dabei ist das LG Köln in Kritik geraten, weil in dem Gerichtsbeschluss keine Auseinandersetzung mit der Problematik des Streamings stattgefunden hat, sondern die Rechtsfrage fälschlicherweise mit der völlig anderen Problematik der Tauschbörsen gleichgesetzt wurde.
Neben dieser berechtigten Kritik stellte sich jedoch eine weitere problematische Frage. Es ist jene nach dem Ursprung der IP-Adressen. Um einen Urheberrechtsverstoß im Internet aufzuklären, muss festgestellt werden, wer im Internet gehandelt hat.
Bei der klassischen Tauschbörse war es äußerst einfach die IP-Adresse eines Filesharers zu ermitteln. Der Filesharer musste sich schließlich auch als Uploader fungieren und damit seine IP-Adresse öffentlich exponieren. Vereinfacht formuliert konnte man die Adresse des Rechtsverletzers irgendwo ablesen und anschließend mittels Gerichtsbeschluss einer Person zuordnen.
Beim Streaming jedoch tritt ein Nutzer nicht öffentlich in Erscheinung. Er stellt seine IP-Adresse nicht als Anlaufstelle für Down- oder Uploads zur Verfügung. Streaming findet eigentlich zwischen einer bestimmten Seite und dem Rechner des Nutzers statt. Dieser Datenverkehr unterliegt – wie Telefongespräche auch – dem Fernmeldegeheimnis. Niemand außer dem Nutzer und dem Inhaber der Seite darf eigentlich wissen, ob und wenn ja welcher Art der Datenverkehr ist.
So stellt sich die Öffentlichkeit nun die Frage, wie die Abmahnkanzlei an diese IP-Adressen gekommen sein kann. Das Portal RedTube dementiert glaubhaft, IP-Adressen an die Abmahnkanzlei weitergegeben zu haben. Nach alledem liegt es nahe einen Verstoß gegen Datenschutzrecht anzunehmen, weswegen die Staatsanwaltschaft die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erwägt. Es wurde der Verdacht geäußert, dass die IP-Adressen durch eine Weiterleitung über Drittseiten von Dritten ermittelt wurden. Dies kann gegebenenfalls ein Rechtsverstoß darstellen.
Fazit:
Es bleibt abzuwarten, ob die große Hysterie zum Thema Streaming-Abmahnung gerechtfertigt ist. Von Erfolg dürfte die Abmahnwelle jedoch in jedem Fall gekrönt gewesen sein. Aus Scham vor einer anwaltlichen Konfrontation in Bezug auf den Konsum von Pornografie werden viele der abgemahnten Personen Abmahn- und Schadensersatzforderungen beglichen haben. Zu einer ernstzunehmenden Diskussion oder gar einer rechtlichen Klärung des Themas Streaming wird es wahrscheinlich nicht kommen, da dies wohl von den hier möglicherweise begangenen Straftaten überlagert wird.
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