(ots) - In Sachen Heldenverehrung sind wir Deutschen ja
geübt. Zwar ist da, historisch betrachtet, schon das eine oder andere
ziemlich schief gegangen. Doch die irrationale Idolisierung gewisser
Personen der Zeitgeschichte ist anscheinend ein Relikt der
schwärmerischen Romantik. Wie sonst ist zu erklären, dass Edward
Snowden als Aufklärer und Vorbild auf den Schild gehoben wird? Wäre
er deutscher Staatsbürger, würde sein Handeln minimal als Verrat von
Staatsgeheimnissen bewertet. Snowden ist Amerikaner. Die spionieren
"uns" aus. Snowden hat das aufgedeckt. Deshalb ist er ein Held. So
oder ähnlich mögen die kruden Kausalketten funktionieren, die den
jungen Mann zum Helden machen. Dabei hat Snowden jenseits aller
Verbrechen, denen er sich nach US-Recht schuldig gemacht haben mag,
vor allem eines zu verantworten: Seit seinen ersten Enthüllungen ist
die Welt ein noch unsichererer Ort. Al Qaida, Hisbollah und Co. haben
dankend zur Kenntnis genommen, dass Snowden die US-Dienste und deren
Strukturen enttarnte. Handy und Email als Kommunikationsmittel haben
am Hindukusch und im Nahen Osten ausgedient - der Terror bedient sich
nun anderer Kontakt-Methoden. Ein Ende der konzentrierten Ãœberwachung
der Terrororganisationen könnte perspektivisch fatal sein. Doch schon
jetzt gefährden die permanenten "Enthüllungen" ganz konkret
Menschenleben. Nämlich das all der Übersetzer, Zivil-Helfer und
Agenten der Amerikaner und ihrer Alliierten an den Brennpunkten
dieser Welt, die durch Snowden nun "verbrannt"sind, wie es in der
Geheimdienstsprache heißt. Das betrifft im übrigen durchaus auch
deutsche Staatsbürger. Snowden gefährdet also in Wahrheit die
Freiheit, die er immer wieder zu verteidigen vorgibt. Ob die Motive
dabei lautere sind oder nicht, spielt keine Rolle - Verrat ist
Verrat. Den er nebenbei von so urdemokratischen Gebilden wie China
und Russland aus begangen hat und begeht. So viel zum Vorbild
Snowden. Aber in falscher Heldenverehrung sind wir ja geübt.
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