(ots) - Dass die Militärausgaben in Europa sinken, kann man
im ersten Effekt beklatschen. Doch schon beim zweiten Blick wird
klar, dass die Welt deshalb keineswegs sicherer geworden ist: weder
im nahen, mittleren oder fernen Osten noch auf dem afrikanischen
Kontinent. Auch der Rückzug der immer noch unangefochtenen
Militärmacht Nr. 1, der USA, aus Krisengebieten sorgt nicht dafür,
dass die Verhältnisse dort freundlicher werden. Mächte, die sich
bislang aus diesen Konflikten herausgehalten haben, ziehen kühl
Bilanz. Erstens: Dem Weltpolizisten Uncle Sam kann man die
unangenehmen, aber wichtigen Jobs nicht alleine überlassen - Kampf
gegen Terrorismus, Sicherung von Handelsrouten, Eindämmung von
Atomwaffen etc. Zweitens: Auf die Europäer trifft das erst recht zu.
Drittens: Es stimmt eben doch nicht, dass es sich auf Dauer mit immer
weniger Waffen immer besser lebt - denn irgendwann überzeugen einen
aggressive Regimes oder militante Gruppen vom Gegenteil. Viertens:
Dann rüstet man doch lieber gleich selbst auf.Deshalb hat Japan, das
über Jahrzehnte sein Militär auf das Notwendigste zur
Selbstverteidigung beschränkte, Deutschland beim Verteidigungsetat
überholt. Deshalb hat Indien bald seinen ersten Flugzeugträger und
China gleich drei, von der permanenten Hochrüstung Nord- und
Südkoreas ganz zu schweigen. Saudi-Arabien und die Golfstaaten rüsten
gegen den immer noch unberechenbaren Iran, von Israel redet man da
kaum noch. Russland, solvent durch Öl und Gas, zeigt wieder Zähne und
Muskeln. Nein, man wird nicht gleich in der Ukraine einmarschieren,
aber man bleibt interventionsfähig - global. Natürlich ist das
beklemmend. Weil die aktuell hochrüstenden Staaten selten Demokratien
sind. Weil es wie ein Nachhall des Kalten Krieges wirkt. Weil Europa
kaum einwirken kann, obwohl es überall Interessen hat: Es ist nicht
einmal mehr embargofähig - vom Sturmgewehr bis zum U-Boot sind die
neuen Mächte nahezu Selbstversorger. Angesichts dessen erscheinen
Abrüsten, Raushalten und bloß noch Entwicklungshilfe leisten nicht
wirklich als die ultimativen sicherheitspolitischen Optionen des
"Alten Kontinents".
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