(ots) - Kann Politik ohne Vertraulichkeit funktionieren?
Natürlich nicht. Politiker und politische Beamte müssen ebenso
vertraulich miteinander reden können wie Anwälte mit ihren Mandanten,
Ärzte mit ihren Patienten oder Journalisten mit ihren Informanten.
Eine Etikette für vertrauliche Gespräche gibt es nicht, das wäre auch
widersinnig: Man will ja viel deutlicher miteinander reden als es in
aller Öffentlichkeit möglich ist. Daran ist nichts verwerflich,
sofern nicht das Ziel des Gesprächs verwerflich ist. Im aktuellen
Fall ist also zunächst zu fragen: Heckten die beiden bespitzelten
US-Diplomaten telefonisch eine finstere Intrige aus oder ging es
ihnen um diskretes Krisenmanagement in der Ukraine? Das Gegenteil von
Vertraulichkeit ist Indiskretion. Sie dient immer dem Ziel, irgendwem
zu schaden. Auch das muss nicht verwerflich sein, wenn der
Betreffende ein ausgemachter Schurke ist. Trifft das auf Mrs. Nuland
zu, weil sie zu ihrem Kollegen - und nicht etwa vor der
UN-Vollversammlung - "Fuck the EU" gesagt hat? Offensichtlich ist,
wem diese Indiskretion mächtig schadet: dem transatlanischen
Verhältnis und der Opposition in der Ukraine. Das lässt schon
Rückschlüsse auf die Urheber zu. Naiv ist es, solche Methoden von
Geheimdiensten zu beklagen. Als deren nützlicher Idiot outet sich
jedoch jeder, der jetzt in Empörung über drei vertrauliche Worte
badet.
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