(ots) - Zwei internationale Regierungschefs sprechen
Klartext mit Benjamin Netanjahu: US-Präsident Barack Obama und
Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Vereinigten Staaten und
Deutschland sind die einflussreichsten Freunde Israels. Und Freunde
dürfen sich auch die Meinung sagen, wenn ihnen etwas nicht passt.
Allerdings leidet die Beziehung, wenn ein Freund sein
problematisches Verhalten nicht ändern will. Gemessen daran, wie
Israels Ministerpräsident und seine Regierung seit Beginn der
Friedensinitiative des US-Außenministers John Kerry die Latte für
eine Einigung mit den Palästinensern immer höher legen, ist Angela
Merkel in Jerusalem auffallend sanft mit Netanjahu umgegangen. Dass
sie den Siedlungsbau im von Israel besetzten Westjordanland
öffentlich nicht kritisiert, sondern nur ihre Sorgen darüber äußert,
wird nicht jedem gefallen.
Dass Deutschland aufgrund seiner Geschichte ein besonderes
Verhältnis zu Israel hat, ist unstrittig. Neu ist, dass Deutschland
eine Sonderrolle in Europa einnimmt. Während die Kanzlerin die
Verantwortung für den jüdischen demokratischen Staat zur deutschen
Staatsräson erhoben hat, wächst in anderen EU-Ländern der Unmut über
Israels Siedlungspolitik - bis hin zu Forderungen nach Importverboten
für Produkte, die Israel im besetzten Westjordanland herstellen
lässt. In dieser Sache hat sich Angela Merkel klar positioniert und
ein Zeichen nach Europa gesendet: Mit ihr sind staatliche
Boykott-Aufrufe gegen Israel nicht zu machen.
So klar das Bekenntnis zu Israel ist: Deutschland muss seine enge
Freundschaft nutzen, um Israel zu einer Zwei-Staaten-Lösung zu
drängen - wenn diese denn wirklich das Ziel der beteiligten Parteien
ist. Den Eindruck machen nämlich weder Palästinenser noch Israelis.
Mit immer neuen Maximalforderungen behindern sie alle Versuche, den
Konflikt zu beenden.
Israel fordert neuerdings lautstark, von der Gegenseite explizit
als jüdischer Staat anerkannt zu werden - um seine Identität wahren
zu können. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas betriebe
politischen Selbstmord, würde er ein jüdisches Israel akzeptieren.
Denn damit gäbe er das Rückkehrrecht palästinensischer Flüchtlinge
auf, und zwar noch vor möglichen Friedensverhandlungen über genau
dieses Thema. Und so verweist die PLO mit Recht darauf, dass Ägypten
und Jordanien in ihren Friedensverträgen mit Israel keinen jüdischen
Staat anerkennen mussten.
Angela Merkel dürfte in Jerusalem gespürt haben, dass die
Gespräche mit den Konfliktparteien ermüdend sein können. Hoffentlich
hat sich die Kanzlerin nicht so handzahm gegeben, weil sie in Sachen
Nahost schon ein bisschen resigniert hat. Das wäre schade, denn sie
kann als eine von wenigen Politikern Druck auf Netanjahu ausüben. Auf
ihre Art.
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