(ots) - Da läuft also etwas gewaltig schief in unseren
offenen, liberalen Gesellschaften - und die enorme Zahl von Opfern
zeigt, dass nicht nur die prekären Randbereiche betroffen sind.
Besonders schrecklich für viele Opfer ist, dass sie den Terror einsam
erdulden müssen: Da ist niemand, dem sie sich anvertrauen können.
Vereinzelung, Bindungslosigkeit, Desinteresse haben die Mechanismen
der sozialen Kontrolle ruiniert. Das regelmäßige Geschrei in der
Wohnung nebenan, das zerschundene Gesicht der Nachbarsfrau -
überhört, übersehen, man kennt sich ja kaum. Fürsorgliches Interesse
ist doch keine aufdringliche Neugier, aber das Gespür für diesen
Unterschied schwindet. Es wäre deshalb zu billig, jetzt nach dem
Staat, dem Gesetzgeber zu rufen. Stalking etwa steht seit sieben
Jahren in Deutschland unter Strafe. Aber welcher Stalker wird
verurteilt, wenn sein Opfer niemanden hat, der den Psychoterror
bezeugen kann? Mitgefühl und Courage kann nur aus der Gesellschaft
selbst heraus entstehen, und das fängt bei jedem Einzelnen an.
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