(ots) - Es sind die üblichen Verdächtigen, die Reporter
ohne Grenzen zu "Feinden des Internets" erklärt hat: China,
Weißrussland, Turkmenistan. "Na klar, diese Schurkenstaaten mal
wieder", könnte man meinen. Doch die Welt ist kein Westernfilm, in
dem es nur gut oder böse gibt, nur schwarz oder weiß. Das wissen wir
spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden. Deswegen ist es
richtig, dass die NSA und der britische GCHQ auch auf dieser Liste
gelandet sind. Sie schicken vielleicht keine Schlägertrupps los oder
sperren Kritiker weg. Ihre Arbeitsweise ist dennoch bedenklich: Daten
sammeln, Bürger bespitzeln - private Kommunikation ist quasi
unmöglich. Es ist ein Armutszeugnis, das die Reporter ohne Grenzen da
ausgestellt haben: Großbritannien und die USA auf der selben Liste
wie Usbekistan, Nordkorea und Kuba. Doch es ist Realität. Nun ja, die
Überwachung könnte ja ein wichtiges Mittel im Kampf gegen den Terror
sein, geben die westlichen Geheimdienste zu bedenken. Doch das hört
sich gar nicht anders an, als die Ausreden der tatsächlichen
Schurkenstaaten. Natürlich hat China noch nie gesagt: "Wir wollen mit
der Interüberwachung unsere Bürger unterdrücken." Stattdessen steht
auch dort der "Kampf gegen den Terrorismus und andere kriminelle
Akte" an oberster Stelle. Die Grenzen verschwimmen. Und damit
verlieren auch alle politischen Bemühungen an Grundlage: Wie soll man
dem Iran erklären, dass seine Bürger doch gefälligst das Recht
hätten, ihre Meinung im Internet frei zu äußern, während westliche
Geheimdienste Glasfaserkabel anzapfen, um gleich den gesamten
Datenverkehr zwischen Europa und den USA abzufangen? Am Ende sind die
Bürger die Leitragenden, denn ihr Recht auf Informationsfreiheit
wurde abgeschafft. Ein bisschen ist es also doch wie im Western. Nur,
dass es hier keinen Sheriff gibt, der am Ende die Dinge richtet. Der
Showdown findet zwischen zwei Bösewichten statt - von denen nur einer
weniger schlimm ist.
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