(ots) - Sharan Burrow, 59, Generalsekretärin des
Internationalen Gewerkschaftsbundes (ITUC), hat in einem Interview
mit dem Hamburger Magazin stern das Kafala-System angeprangert, das
Hunderttausende Arbeiter auf den Großbaustellen in Katar "zu
Leibeigenen macht". Vor wenigen Wochen habe sie die Baustelle des
WM-Stadions Al Wakrah besucht und dort Dutzende Arbeiter angetroffen,
die "in elenden Bedingungen unter der Zuschauertribüne hausen
mussten". Dabei hätten die katarischen Behörden kurz vorher
angegeben, die Unterbringung der Arbeiter der Baustelle von Al Wakrah
entspreche internationalen Standards. "Sie haben gelogen", so Burrow.
"Die katarische Regierung handelt völlig gewissenlos."
Anlässlich der morgen beginnenden Sitzung des
Fifa-Exekutivkomitees in Zürich übte Burrow scharfe Kritik am Umgang
des Westfußballverbands mit dem WM-Gastgeberland. "Die Fifa drückt
sich vor ihrer Verantwortung", sagte Burrow. Der Weltfußballbund
müsse dem Emir von Katar sagen: "Beendet die Sklaverei, schafft das
Kafala-System ab. Oder es wird keine WM in Katar geben", so Burrow
zum stern. Besonders enttäuscht zeigte sich die Gewerkschaftschefin
von Theo Zwanziger, dem ehemaligen Präsidenten des Deutschen
Fußballbunds (DFB), der dem Fifa-Exekutivkomitee zu Katar berichten
wird. "Herr Zwanziger ist noch nie selbst in Katar gewesen", sagte
Burrow. "Das ist eine große Enttäuschung für alle, die dafür kämpfen,
dass sich dort etwas ändert."
Die im Februar vom katarischen WM-Organisationskomitee
veröffentlichte Charta für das Wohl der Gastarbeiter bezeichnete
Burrow als "Mogelpackung". In Katar tätige Baufirmen müssten nicht
mit Strafe rechnen, wenn sie sich nicht an die Vorgaben der Charta
hielten. Aber bei der Fifa-Tagung solle die Charta der Öffentlichkeit
"als Beleg für angeblichen Fortschritt" verkauft werden.
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