Radfahren muss nicht weh tun – jedenfalls nicht im Schritt. Moderne Sättel vermindern Druck und Reibung und sorgen auch auf langen Strecken dafür, dass bestenfalls die Beine schmerzen.
(firmenpresse) -
[pd-f] Warum schmerzt das Hinterteil eigentlich beim Fahrradfahren? Kurz gesagt, treffen zwei höchst unterschiedliche Oberflächen aufeinander: die weitgehend flache, homogene Satteloberseite und die mit allerlei Wölbungen, unter der Haut liegenden Nervenbahnen und knochigen Vorsprüngen versehene menschliche Anatomie. Letztere ist nun mal so, wie sie ist – mal mehr, mal weniger ausgeprägt und druckempfindlich. Also muss sich der Sattel anpassen, das Stichwort lautet Formschlüssigkeit: „Je besser sich die Satteloberfläche der menschlichen Sitzfläche anpasst, desto gleichmäßiger ist die Druckverteilung“, erklärt Matteo Paccagnella vom italienischen Sattelhersteller Selle Royal (www.selleroyal.com). Ein Grundsatz, der übrigens schon vor über 100 Jahren beherzigt wurde: „Nach diesem Prinzip Formschluss funktionieren klassische Kernledersättel seit ihrer Erfindung“, weiß Detlef Detjen von der Aktion Gesunder Rücken (www.agr-ev.de). „Mit der Zeit bilden sie sozusagen das Negativ der Sitzfläche des Fahrers.“ Kein Wunder also, dass Ledersättel wie die von Brooks (www.brookssaddles.com) besonders bei Langstreckenradlern und Vielfahrern überaus beliebt sind.
Eine schnelle und gute Anpassung an den Fahrer gewährleisten aber vor allem moderne Gelsättel. Das aus der medizinischen Forschung der Firma Bayer stammende „Royalgel“ von Selle Royal reduziert die Druckspitzen laut Hersteller um bis zu 40 Prozent. „So lässt es sich beschwerdefrei radeln“, freut sich Paccagnella. Allerdings nur, wenn der zum Fahrstil passende Sattel montiert ist. „Bei aufrechter Sitzhaltung auf dem Touren- oder Stadtrad lasten weit mehr als 60 Prozent des Körpergewichts auf dem Sattel, bei einem Radsportler, der kräftig in die Pedale tritt, gerade mal um die 30 Prozent“, erklärt Mario Moeschler vom Traditionshersteller Hercules (www.hercules-fahrräder.de), der weite Teile seines Programms mit „Royalgel“-Sätteln bestückt. Von komfortbetont nach sportlich werden die Sättel demnach schmaler, ihre Polsterung dünner – was aber gleichzeitig den Vorteil hat, dass sich die Reibung bei schnellerem Tritt in Grenzen hält.
„Betrachtet man aufrechte, gemäßigte und sportliche Sitzhaltungen, fällt auf, dass das Körpergewicht nach vorne wandert, je flacher der Oberkörper des Fahrers ist. Das Becken kippt quasi nach vorne“, erklärt Ergonomie-Experte Detjen. „Auf dem Hollandrad werden die Sitzknochen höher belastet, auf dem Rennrad ist der Druck auf den Genitalbereich stärker.“ Der Sattel muss also zum Fahrradtyp passen – und nicht nur das: „Rennradfahrer, die gemütlich und mit wenig Kraft unterwegs sind, sollten einen etwas breiteren, stärker gepolsterten Sattel wählen als Radrennfahrer, die viel Power aufs Pedal bringen“, empfiehlt Stefan Scheitz vom Rennradhersteller Felt (www.felt.de). Denn bei den Profis leisten die Beine viel mehr Stütz- und Haltearbeit als bei Freizeitradlern; die gepolsterte Radhose sorgt außerdem für weniger Reibung im Sitzbereich.
Was man bei den unterschiedlichen Fahrradtypen beobachten kann, findet auch im Kleinen auch auf ein und demselben Rad statt: Wer ganz aufrecht sitzt, drückt mit den Sitzknochen in die hintere Polsterung des Sattels; macht man sich aber klein, um dem Gegenwind zu entgehen, spürt man vorne stärkeren Druck. Triathleten, die besonders flach auf dem Rennrad sitzen, benutzen deswegen Sättel mit zusätzlicher Polsterung an der Sattelnase wie den Arione Tri2 von Fizik (www.fizik.it).
Paccagnella empfiehlt, den Fahrradsättel immer genau waagerecht zu justieren. „Wenn man auf dem Sattel nach vorne oder hinten rutscht, führt das wieder zu ungleich verteiltem Druck. Außerdem müssen die Arme und Hände mehr Stütz- oder Haltearbeit leisten, was auf die Dauer auch hier zu Beschwerden führen kann.“ Der Sattelposition in Längsrichtung hängt von vielen Parametern ab, erklärt Paccagnella. „Der Sattel darf jedenfalls nicht zu weit nach vorne geschoben werden, das kann zu Knieproblemen führen.“
Etwas, das Sättel nicht leisten können, ist Stoßdämpfung. „Feine Vibrationen kann ein dickes Polster zwar herausfiltern, mehr aber auch nicht“, weiß Rolf Häcker vom Komponentenhersteller Humpert (www.humpert.com). „Gefederte Sattelstützen sind deshalb an vielen Trekking- und Citybikes zu finden.“ Gute Exemplare wie die SP 9.0 von Humpert mit vier Zentimetern Federweg können mit austauschbaren Elastomeren ans Fahrergewicht angepasst werden.
Eine wichtige Rolle kommt dem schon öfter erwähnten Thema Reibung zu. Für den Radsportler ist eine gepolsterte Radhose selbstverständlich; zum Teil wird mit speziellen Cremes dafür gesorgt, dass zwischen Sattel und Oberschenkeln alles glatt läuft. Schweißtreibende Jeans mit dicken Nähten sind bei der sommerlichen Radtour eher ungünstig; leichte Bekleidung ist angesagt, denn die Körperfeuchtigkeit ist der Tendenz zum Wundreiben förderlich. Kühlung verschaffen auch spezielle Sattelmodelle wie der Respiro von Selle Royal. Bei diesem Modell sorgt ein atmungsaktiver Bezug aus Microtex-Material dafür, dass sich keine „Staunässe“ bildet. Ein kühler Wind, der durch den Lufteinlass an der Sattelnase in die Sitzfläche geleitet wird, sorgt für zusätzliche Trocknung. Die moderne Variante eines Prinzips also, das es auch schon in der Ära des Kernledersattels gab – in Form simpler Luftlöcher im Sattel. Was das Loch im Kernledersattel nicht leisten kann und dank des modernen Microtex-Material möglich wird: Der Sattel bleibt auch bei direkter Sonneneinstrahlung kühl. Beispielsweise, wenn sich der Fahrer ein leckeres Eis gönnt.
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