(ots) - Die Euphorie in Afghanistan ist groß. Das
gefürchtete Blutbad am Wahltag ist ausgeblieben. Millionen Bürger
haben sich mutig in die langen Reihen vor den Wahllokalen eingereiht,
obwohl sie um die Gefahren wussten. Die aufständischen Taliban hatten
das Land am Hindukusch mit einer wochenlangen Terrorwelle überzogen,
die vor nichts halt machte. Vor diesem Hintergrund war jede Stimme,
die am Sonnabend abgegeben wurde, mehr als ein Votum für einen neuen
Präsidenten: sie war eine Kampfansage gegen die Taliban, die die
Abstimmung als "Augenwischerei" und "unislamisch" gegeißelt haben.
Manche Wähler befürchten aber auch, das diese Wahl auf absehbare Zeit
die letzte in Afghanistan sein wird. Wie es mit der Demokratie
weitergeht, wenn die ISAF Ende des Jahres abgezogen ist, steht in den
Sternen. Vielleicht war auch dies ein Grund, warum so viele Menschen
stolz ihre Stimme abgegeben haben. Bei allem Jubel ist dennoch
Vorsicht angeraten. So weiß man bislang recht wenig über die
Wahlbeteiligung auf dem Lande. In den Unruhe-Provinzen blieben mehr
als 200 Wahllokale geschlossen. In der Vergangenheit war es besonders
in unruhigen, von den Taliban dominierten Teilen des Landes zu
massiven Wahlfälschungen gekommen. Da wegen der eklatanten
Sicherheitslage kaum mehr internationale Wahlbeobachter teilnehmen,
ist die Legitimität der Wahl leicht in Zweifel zu stellen. Schon
bevor der erste Stimmzettel abgegeben wurde, beschuldigten sich die
drei Kandidaten für das Präsidentenamt der Wahl-Manipulation. So
könnte es auch diesmal zu einem Streit zwischen Wahlkommission und
Kandidaten kommen. Zudem droht eine Stichwahl, weil kaum ein Kandidat
mehr als 50 Prozent der Stimmen gewinnen wird. Davor fürchten sich -
außer den Taliban - alle. Denn das würde bedeuten., dass eine neue
Wahl organisiert werden muss, die wegen der komplizierten Logistik
kaum vor September stattfinden kann, obwohl Präsident Hamid Karsai
Mitte Mai den Posten räumt. Wieweit diese Abstimmung ein voller
Erfolg ist, muss sich erst noch zeigen.
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