(ots) - Mit Meldungen über fremde Aufmarschpläne war man
schon immer kreativ. Als die eigene Raketenstationierung im November
1983 in die Entscheidung ging, mahnte ein Verteidigungsminister
Wörner, »die Sowjets« brächten »jede Woche eineinhalb Raketen in
Stellung«. Die Vierteljahresberichte der NATO in den Monaten März,
Juni und September hatten indes stets die gleiche Ist-Zahl 351
wiederholt. Rechnerisch passte da gar nichts. Nirgendwo wird soviel
getrickst, getäuscht und gelogen wie in den militärischen Kulissen.
Nun hören wir von bis zu 40 000 »einsatzbereiten« russischen Soldaten
im Grenzgebiet zur Ukraine. Aus Moskau heißt es, die Fotos der
NATO-Satelliten stammten von einem Übungsmanöver im letzten Jahr. Die
Bundesregierung kann einen Abzug »nicht bestätigen«, schallt es
zurück. Man möchte ein einziges Mal eine Meldung von dieser Art für
ebenso zulässig halten: Die NATO hat ihre Truppen von hier oder dort
in der Welt zurückgezogen, eine Bestätigung aus Moskau liegt jedoch
nicht vor. Aber es ist wieder wie früher: Russische Quellen gelten
als nicht glaubwürdig, die NATO und ihre Regierungen dagegen als
Instanzen einer unabhängigen Wahrheit. Im ungeklärten Fall - siehe
die Todesschüsse auf dem Maidan - nimmt man sogar die Version eines
rechtsextremistischen Generalstaatsanwalts für bare Münze und
ignoriert einen Monat lang gegenteilige Tatortvideos. Warum? Sie
lagen zuerst dem russischen, nicht dem deutschen Staatsfernsehen vor.
Sie waren also aus Gründen der Herkunft Propaganda, nicht Wahrheit.
Beide haben - egal wo - ihren nationalen Pass.
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