(ots) - Mit welcher Dreistigkeit ägyptische Gerichte
Urteile fällen, lässt einem den Atem stocken. Abgesehen davon, dass
die Richter im oberägyptischen Minia sich mit insgesamt über 1200
Todesurteilen für potenzielle Muslimbrüder völlig lächerlich machen,
diskreditieren sie damit die Juristen im ganzen Land. Denn keines
dieser Urteile hält nur annähernd einer inhaltlichen Prüfung stand.
Das Bild verfestigt sich, dass in Ägypten nicht Recht, sondern
Willkür herrscht. Richtern, die sich redlich mühen, faire und
fundierte Prozesse durchzuführen, bliebe nach alldem wohl nichts
anderes übrig, als ihren Job zu quittieren. Doch es gibt noch
genügend andere, wenn nicht gar eine Mehrheit, die opportunistisch im
Sinne der regierenden Militärs weitermachen. Zum Beispiel mit dem
Verbot der Bewegung 6. April, das ebenfalls gestern gefällt wurde -
das zweite nach dem der Muslimbruderschaft. Doch anders als die
Islamisten kämpften die Mitglieder des 6. April nicht für eine
muslimische Ideologisierung der ägyptischen Gesellschaft, sondern für
Demokratie und Menschenrechte. Sie waren es, die maßgeblich zum Sturz
Husni Mubaraks im Februar 2011 beigetragen haben. Es würde deshalb
niemanden wundern, wenn der ehemalige Langzeitherrscher demnächst von
einem Gericht freigesprochen würde.
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