(ots) - Vier Stunden hatten sich Angela Merkel und
Barack Obama Zeit füreinander genommen. Das ist gar nicht so wenig,
wenn man bedenkt, dass da der mächtigste Mann der Welt und die
mächtigste Frau der Welt zusammentrafen. Doch sind vier Stunden viel
zu wenig, wenn man bedenkt, welche Probleme Deutschland und die USA
gegenwärtig haben - und zwar vor allem miteinander. NSA-Spähaffäre,
Freihandelsabkommen und obenan natürlich die Ukraine-Krise. Fertig
war eine Tagesordnung, die für mehrere Treffen gereicht hätte. Und
der es an Brisanz nicht fehlte. Wer also mit Antworten auf alle
Fragen gerechnet hatte, musste enttäuscht werden. Doch wahr bleibt
auch: Selbst mit aller Zeit der Welt würde es den USA und Deutschland
derzeit am richtigen Umgang miteinander und am Verständnis
füreinander mangeln. Leider! Das transatlantische Bündnis erlebt eine
schwere Krise - nicht zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte. Und
zu allem Überfluss war und ist das Verhältnis zwischen Merkel und
Obama nicht so gut, dass es nun als besonderer Kitt dienen könnte. So
waren beide gestern vor allem eines: gemeinsam einsam. Die Dinge
hängen auf vertrackte Weise zusammen: Während die Deutschen noch
immer und zu Recht erzürnt sind über die Abhörmethoden der Amerikaner
- die Bevölkerung übrigens deutlich mehr als die Politik samt der
Kanzlerin selbst -, hat der US-Präsident die Affäre längst ad acta
gelegt. Okay, das Handy der Kanzlerin soll nun tabu sein, aber
weitere Zusagen oder gar ein No-Spy-Abkommen? No chance. Im Gegenteil
lautet die unverhohlene Forderung: Statt ewig in die Vergangenheit zu
schauen, sollten sich die Deutschen und allen voran Merkel in der
Ukraine-Krise doch endlich um ein geschlossenes Vorgehen Europas
gegenüber Russland bemühen - harte Wirtschaftssanktionen inklusive.
Dass die USA das angesichts ihrer geringen Handelsvolumen mit
Russland leichter fordern können als es die Europäer mit ihren engen
Wirtschaftsbeziehungen samt Abhängigkeit vom russischen Gas
wahrmachen wollen, spielt dabei nicht nur für einen wie John McCain
kaum eine Rolle. Unverschämt bleiben seine Vorwürfe gegenüber der
Kanzlerin und ihrem angeblich »peinlichen Führungsstil« dennoch. Nun
steht der republikanische Senator gewiss nicht für die USA. Doch
zeigen seine harschen Töne, wie sehr es zum Teil an
Kommunikationsfähigkeit mangelt. Größter Profiteur dieser
transatlantischen Misere ist Wladimir Putin. Geschickt
instrumentalisiert der russische Präsident den Whistleblower Edward
Snowden für seine Zwecke und hält so in Europa das Bild vom »bösen
Amerika« wach. Zugleich lassen seine gezielten Provokationen die
Europäer in den USA als »zögerliche Gesellen« dastehen. Putins Ziel
ist klar: Er will den Westen spalten. Daran aber können weder die USA
noch Europa interessiert sein. Es wäre nur gut, wenn das allen
bewusst bleibt.
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