(ots) - Die Reaktionen nach dem Grubenunglück von
Dienstagnacht in der Westtürkei sind nicht allein von Schrecken und
Trauer geprägt, sondern auch von Wut und Protest. Es ist kein
altkluges Räsonieren, wenn man schon jetzt, lange vor der Klärung der
Unglücksursachen, in der Türkei ziemlich sicher weiß: So wie die
wiederholten Brandkatastrophen in bengalischen Textilfabriken
keinesfalls mit einer Verkettung unglücklicher Umstände erklärt
werden dürfen, ist auch die Lebensgefahr im Job gerade eines
türkischen Kumpels nicht bloß den üblichen Unwägbarkeiten des
Bergbaus geschuldet. Man muss die Toten von Soma nicht dem
unmittelbaren persönlichen Schuldkonto von Ministerpräsident Erdogan
zuordnen. Sehr wohl aber der zuallererst von ihm geprägten Attitüde
der Selbstherrlichkeit seiner Partei im Parlament und dem von ihm
immer mehr in Anspruch genommenen Nimbus der Unfehlbarkeit. Dies
rückt jeden Antrag der Opposition zur Verbesserung in welcher
Angelegenheit auch immer in den Ruch von Majestätsbeleidigung -
Ablehnung ist unausweichliche Folge. Wer das Procedere der
Abstimmungen im Bundestag kennt, dem dürfte das alles sehr bekannt
vorkommen. So scheiterte im Parlament von Ankara im April auch ein
Antrag, die Bergbaugesellschaft in Soma staatlichen Kontrollen zu
unterwerfen, an dieser unterirdischen Form von Machtarroganz bei
Erdogans Partei. »Kein Unfall, Massenmord«, sagen die Gewerkschaften
nun sehr zu recht.
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