(ots) - Wer rechts außen wählt, ist entweder ein
Brandstifter oder ein Staatsfeind, darüber herrscht gewiss Konsens.
Dennoch sollte man die teilweise erschreckenden Wahlerfolge
rechtsextremer bis neonazistischer Parteien bei der Europawahl
richtig einordnen. Zwar hat jeder, der bei Gruppierungen wie dem
"Front National" in Frankreich, "Jobbik" in Ungarn, UKIP in
Großbritannien oder den"Schwedendemokraten" sein Kreuzchen gemacht
hat, am Gemeinwesen gezündelt
mancher Stimme für die radikalen Europa- und Fremdenfeinde liegen
aber in der Entfremdung des institutionellen Europa von seinen
Bürgern begründet. Vieles, was der aufgeblasene Bürokratie-Apparat
zum Wohle der europäischen Bürger gebiert, ist Lichtjahre von dem
entfernt, was den Alltag der Menschen ausmacht. Hinzu kommt die üppig
alimentierte Ausstattung der EU-Parlamentarier, die zwar wesentlich
mehr kassieren als ein heimischer Volksvertreter, aber dafür
bedeutend weniger ausrichten können. All das führt zu einer Ablehnung
der wunderbaren europäischen Idee einer Zivilisations- und
Kulturgemeinschaft mit unterschiedlichen Ursprüngen, aber gemeinsamen
Idealen - und es führt teilweise zu jenen grotesken Ergebnissen, vor
denen jetzt das bürgerliche Lager von links bis rechts fassungslos zu
stehen scheint. Nicht jeder, der die Europawahl mit dem Votum für
eine der zahllosen Schrottparteien zum persönlichen Statement machen
wollte, ist gleich ein Neonazi. Aber jeder, der diesen idiotischen
Aufstand geprobt hat, sollte allen "Demokraten" eine Warnung sein:
Der gefühlte Abstand der Politik zum Bürger ist in Sachen Europa
mittlerweile riesig. Statt also jetzt in jedes verfügbare Mikrofon
Betroffenheit zu artikulieren, sollten sich die Vertreter der
europäischen Großparteien Gedanken darüber machen, was diesen
Rechtsruck ausgelöst hat: die Entfremdung von jener Politik nämlich,
die sie betreiben. Das ist übrigens eine Erklärung, keine
Entschuldigung für derlei Wählerverhalten.
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