(ots) - Der Wahlmarathon ist zu Ende, langsam macht sich
Ernüchterung breit: Denn nun ist eingetreten, wovor Demoskopen schon
lange gewarnt haben. Im künftigen Europaparlament gehen rund ein
Fünftel der Sitze an Euro-Kritiker und Rechtspopulisten. Die
Extremisten werden um die 140 der 751 Mandate einnehmen. Die
Gesetzgebungsprozesse werden künftig schwieriger werden. Der Wind in
Europa hat sich gedreht: Künftig kommt er vermehrt vom ganz rechten
und extrem linken Rand. Zwar sind die Christlich-Konservativen erneut
stärkste Kraft im Parlament geworden. Doch die Machtverhältnisse
haben sich dank fulminanter Wahlergebnisse von EU-Kritikern in
Frankreich, Dänemark, Österreich, Großbritannien und Griechenland
verschoben. Vor allem der Durchmarsch des rechtsnationalen Front
National (FN) in Frankreich hat das politische Brüssel schockiert.
Dasselbe Bild bot sich am Morgen nach der Wahl in Großbritannien.
Dort hatten 28 Prozent der Wähler für die United Kingdom Independence
Party (UKIP) gestimmt. Die Partei von Rechtspopulist Nigel Farage
fordert den sofortigen Austritt Großbritanniens aus der EU sowie eine
Abschaffung sämtlicher europäischer Institutionen. Furcht vor der
feindlichen Ãœbernahme der EU durch seine Gegner wird durch weitere
Fakten geschürt. Die österreichische FPÖ erzielte 20,5 Prozent, in
Dänemark gewannen die Rechtspopulisten von der Dänischen Volkspartei
die Wahl. Sie kam auf 26 Prozent. Damit nicht genug: In Ungarn sowie
in Griechenland verzeichneten rechtsextreme Parteien Zuwächse. Für
den ungarischen Jobbik stimmten 14,7 Prozent der Wähler, während die
Neonazis von der griechischen »Morgenröte« mit 9,4 Prozent
drittstärkste Kraft wurden. Was dies nun konkret für die Schlagkraft
der Rechtspopulisten bedeutet, lässt sich derzeit noch nicht absehen.
Denn nur wenn sie sich zu einer Fraktion zusammenschließen, können
sie ihren politischen Einfluss geltend machen. Ob dies FN und Co.
allerdings gelingt, ist ungewiss. Schließlich sind dafür mindestens
25 Abgeordnete aus sieben Mitgliedsstaaten nötig. UKIP-Chef Nigel
Farage macht nicht mit. Er hat angekündigt, dass er mit dem FN
keinesfalls eine Allianz bilden will. Trotz unübersichtlicher
Gemengelage dürfte sich der Stimmenzuwachs am rechten Rand auf die
Arbeit in der Kammer auswirken. »Mit diesem Wahlergebnis wird die
Arbeit im neuen Europaparlament erheblich schwieriger und
komplizierter«, ist der SPD-Abgeordnete Jo Leinen überzeugt. Ungemach
droht der EU auch hinsichtlich der Vergabe der Top-Jobs. Sowohl der
Spitzenkandidat der Konservativen, Jean-Claude Juncker, als auch der
Sozialdemokraten, Martin Schulz, reklamieren den
Kommissions-Chefposten für sich. In Brüssel wird erwartet, dass ein
Machtwort von Merkel fällig ist.
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