(ots) - Auf den ersten Blick sieht es ja so aus, als habe
man aus der blutigen Geschichte Europas im 20. Jahrhundert gelernt:
Die Nachfolger der Sieger und Besiegten treffen sich heute an den
Stränden der Normandie, wo der Untergang des verbrecherischen
NS-Regimes mit der Landung der Alliierten besiegelt wurde. Dort will
man nun den gefährlichsten Konflikt seit dem Ende des Kalten Krieges
entschärfen: jenen um die Ukraine. Die ehemalige Sowjetrepublik ist
heute ebenso Frontstaat wie einst Deutschland zwischen 1949 und 1990
- mit dem erheblichen Unterschied, dass in der Ukraine seit Wochen
geschossen und getötet wird. Natürlich will die neue Regierung der
Ukraine die Einheit des Landes wahren. Eine friedliche
"Los-von-Kiew"-Bewegung hätte sie dulden können, nicht aber jenen
militanten Separatismus, der mit Waffengewalt Regierungsgebäude und
Flughäfen kapert. Kreml-Chef Wladimir Putin, der diesen Brand schürt,
reicht ein friedlicher Quasi-Beitritt der Ost-Ukraine offenbar nicht:
Ihm geht es um die Destabilisierung des ganzen Landes, damit es für
EU oder NATO als möglicher Beitrittskandidat gar nicht erst in Frage
kommt. Insbesondere Äußerungen der deutschen Regierung schienen ihn
darin noch zu bestätigen. Nun aber gibt es eine sehr deutliche
Erklärung der G7-Staaten, die von Kanzlerin Merkel mit Verve
vertreten wird: Falls die Einzelgespräche mit Putin keine Lösung
bringen, werden die Sanktionen gegen Russland verschärft. Dessen
Druckmittel Erdgas ist offenbar keines mehr: Soll Russland doch
künftig China beliefern - Europa wird Ersatz finden. Nur: Was bringt
aller diplomatischer und wirtschaftlicher Druck, wenn Frankreich an
Russland gleichzeitig zwei Hubschrauberträger mit Landungsbooten
liefert - die wirksamsten Waffensysteme, die man sich für einen
raschen, offensiven Militärschlag denken kann? Dass Putin gewillt
ist, auch so Fakten zu schaffen, hat er auf der Krim bewiesen. Bevor
Merkel heute mit ihm Klartext redet, sollte sie das erst einmal mit
ihrem G7-Partner François Hollande tun.
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