(ots) - Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist ganz
und gar nicht überraschend. Dass es gegen EU-Recht verstößt,
Abschiebehäftlinge gemeinsam mit gewöhnlichen Strafgefangenen in
herkömmliche Knäste zu sperren, ist schon seit Jahren klar. Der
Wortlaut der entsprechenden EU-Richtlinie lässt daran keinen Zweifel.
In dieser steht, dass illegale Migranten "grundsätzlich in speziellen
Hafteinrichtungen" untergebracht werden müssen. Normale Gefängnisse
seien lediglich dann zulässig, wenn im jeweiligen Mitgliedsstaat
"spezielle Hafteinrichtungen nicht vorhanden sind". Im Deutschland
gibt es aber gleich mehrere solcher Spezialeinrichtungen. Doch aus
fragwürdigen Erwägungen gelangten etliche Landesregierungen zu einer
ganz eigentümlichen Rechtsauslegung: Sie bezogen die Ausnahme, die
für die 28 EU-Mitgliedsstaaten vorgesehen ist, kurzerhand aufs eigene
Bundesland. Während etwa Niedersachsen und Bayern wenigstens schlau
genug waren, rechtzeitig vor dem EuGH-Urteil von dieser unhaltbaren
Position abzurücken, hielten Baden-Württemberg, Hessen,
Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen bis
zuletzt daran fest. Weder gibt es dort gesonderte Unterkünfte noch
kamen die Landesminister auf die Idee, mit anderen Bundesländern zu
kooperieren. Diese Tatenlosigkeit zeugt nicht nur von Ignoranz und
fehlendem politischen Instinkt, sie ist zudem in hohem Maße
verantwortungslos. Ein Migrant, der sich illegal in Deutschland
aufhält, ist noch lange kein Verbrecher und darf deshalb auch nicht
wie einer behandelt werden. Ihn aus Kostengründen oder schlicht aus
Bequemlichkeit in ein normales Gefängnis zu stecken, ist zwar die
einfachste Lösung - anständig ist dieser Umgang nicht. Dass es nun
erst eines Richterspruchs bedurfte, um die verschlafenen Politiker
zum Umdenken zu bewegen, ist ein Armutszeugnis. Die dreiste
Behauptung der Hamburger Innenbehörde, man sei auf das Urteil aus
Luxemburg gut vorbereitet, klingt da wie ein schlechter Witz.
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