(ots) - Als der Herr auf dem Berg Sinai zu Mose sprach,
hatte er dem Anführer der Israeliten eine Menge zu sagen. Das waren
nicht nur jene als Zehn Gebote bekannt gewordenen Weisungen, sondern
unter anderem auch der archaische Abgeltungskatalog »Leben für Leben,
Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand ...«. Oft als
Register radikaler Rachegelüste missinterpretiert, sollte dieses
Diktum im Gegenteil Damm sein gegen die Maßlosigkeit barbarischer
Blutrache. Die Zahl der von der israelischen Armee im Gaza-Streifen
getöteten Palästinenser hat am Wochenende die 1000 überschritten,
mehr als sechs Mal so viele Menschen wurden in dem von Bomben
verheerten Küstengebiet verletzt. Auf israelischer Seite kamen
bislang 43 Soldaten und drei Zivilisten ums Leben. Leben für Leben?
Auge für Auge? Die Verhältnismäßigkeit der Exekution von Gewalt, die
im 2. Buch Mose - Teil der jüdischen Thora - eingefordert wird, ist
seit Hunderten, ja, Tausenden Jahren in Kriegen jedweder Art immer
wieder ad absurdum geführt worden. Wer die Mittel besitzt, dem
militärischen Gegner nicht nur begrenzende und damit begrenzte
Schläge zuzufügen, sondern ihn und sein ziviles Umfeld möglichst
vernichtend zu treffen, setzt diese Mittel in der Regel auch ein. Der
neue Gaza-Krieg bestätigt das nur. Und ein Volk, eine Nation, ein
Staat, die sich in Geschichte und Gegenwart ausdrücklich auf das
Vermächtnis Moses berufen, zeigen damit, was für sie der berühmteste
Prophet der biblischen Ãœberlieferung ist: ein einsamer Rufer in der
Wüste.
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