(ots) - Als vor etwa 20 Jahren der Begriff »scheiternde
Staaten« (failing states) Einzug in den politischen Wortschatz hielt,
dachte dabei niemand an Libyen. Man hatte vor allem Somalia vor
Augen: Bürgerkrieg, zerfallene staatliche Strukturen, eine machtlose
Zentralregierung... Am Horn von Afrika ist das noch immer so. Aber
aktuell trifft das bezeichnete Chaos besonders auf Libyen zu. Manch
westlicher Politiker erweckt beim Dozieren über »scheiternde Staaten«
den Eindruck, es handele sich bei letzteren geradezu um das Resultat
von Naturkatastrophen. Das ist mindestens beschönigend, auch wenn die
Schuldbilanz der ersten Welt von Land zu Land unterschiedlich
ausfällt. Bei Libyen ist es deutlich. Jeder, der sich an den
NATO-Luftkrieg zum Sturz der Gaddafi-Herrschaft vor drei Jahren
erinnert, konnte sehen: Es war verantwortungsloses politisches
Abenteurertum des Westens, vor allem Frankreichs unter Sarkozy, in
bemerkenswerter Kontinuität mitgetragen von seinem sozialistischen
Nachfolger Hollande. Man wollte sich eines unbotmäßigen afrikanischen
Führers entledigen. War die Art und Weise dessen schon völlig
inakzeptabel, so kam hinzu, dass man nicht im mindesten wusste, wie
es nach Krieg und Abzug weiter gehen sollte. Das war und ist so in
Somalia und Irak und jetzt eben auch in Libyen. Dafür zahlt dessen
Bevölkerung einen hohen Preis, und das auf nicht absehbare Zeit.
Warum eigentlich gibt es dafür keine Anklage vor einem
Internationalen Strafgerichtshof?
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